Stephanie Schulz-Jander über Ausbildung im Buchhandel

Ein Aufwand, der sich lohnt

18. Juli 2020
Redaktion Börsenblatt

Soll man ausbilden? Wer sich das fragt, kommt sofort in eine Kosten-Nutzen-Abwägung. Für Buchhändlerin Stephanie Schulz-Jander war das Ergebnis klar: Sie meldete sich zum Ausbildereignungslehrgang an. Hier erklärt sie, warum. 

»Ich kann heute nicht zur Arbeit kommen, ich habe Sonnenbrand auf den Füßen!« Mit diesen Worten meldete sich unser Azubi in den 90ern einmal vom Dienst ab. Die Anekdote kam mir wieder in den Sinn, als ich mich in den letzten Wochen mit dem Thema »Ausbilden« und »Ausbildereignungsprüfung« auseinandersetzte. Heute kann ich darüber nur schmunzeln, aber ich denke auch: Will ich das, kann ich das?

Der Buchhandel ist derzeit durch Corona noch einmal mehr geprägt von viel Wandel – täglich neue Herausforderungen für unseren kleinen Laden, unsere Mitarbeiterinnen und uns. Ich habe mich in meiner beruflichen Laufbahn und vor der Selbstständigkeit immer ganz bewusst für den inhabergeführten Buchhandel entschieden und sogar einmal eine Auszeit genommen, weil ich nicht für eine Buchhandelskette arbeiten wollte.

Jobs in solchen Buchhandlungen gibt es in Norddeutschland leider nicht wie Sand am Meer. In den Betrieben wird auf hohem Niveau und mit viel Engagement ausgebildet. Am Ende gibt es wieder einen Menschen mehr, der mit fundierten Kenntnissen und voller Enthusiasmus als Buchhändler*in unsere deutschen Sortimente bereichert. Möchte ich nicht auch dazu beitragen, indem ich endlich mal die Ausbildereignungsprüfung mache? 

Am Ende gibt es wieder einen Menschen mehr, der mit fundierten Kenntnissen und voller Enthusiasmus als Buchhändler*in unsere deutschen Sortimente bereichert.

Mir fallen einige Schulpraktikant*innen der vergangenen Jahre ein: Bei vielen jungen Leuten liegt eine Fehleinschätzung bezüglich der Schwerpunkte unseres Berufs vor – denn eigentlich lesen wir ja den ganzen Tag nur ... 

Werde ich den zu uns passenden Bewerber mit der richtigen Einstellung finden? Ich weiß, dass meine Wünsche an einen perfekten Azubi groß sind. Die Liebe zur Literatur und zum Schönen, gute Kommunikation, tolle Umgangsformen, solide Allgemeinbildung, Interesse am allgemeinen Zeitgeschehen und kaufmännisches Verständnis sollte der junge Mensch mitbringen. Aber ist es nicht auch die Aufgabe eines Ausbildungsbetriebs, jungen Menschen dabei zu helfen, sich zu formen und zu finden? 

Zunächst ist ein Azubi zeitaufwendig: Vieles gilt es immer wieder zu erklären, zu vermitteln und anzustoßen. Schließlich soll er nicht nur »mitlaufen« und nebenbei das zu Erlernende von uns abgucken. Das bedeutet: mindestens drei Personen gleichzeitig auf unseren 50 Quadratmetern Verkaufsfläche plus vier Quadratmetern Büro. Aber Platz ist ja bekanntlich in der kleinsten Hütte, und luxuriös haben es die wenigsten Buchhändler. Auch das könnten wir schaffen!

Und ist nicht das Ausbilden in unserer Branche vergebene Liebesmüh? Gehen nicht die meisten fertigen Buchhändler nach der Ausbildung noch zum Studieren in die große Stadt? Bei den geringen Gehältern, die in der Branche üblich sind, verständlich. Aber dann wäre mein Begehren, den gut qualifizierten ehemaligen Azubi als Mitarbeiter zu übernehmen, von vornherein nur ein frommer Wunsch.

Wir können jetzt weiter abwägen, schwarzmalen und noch mehr Wünsche formulieren. Wir können aber auch einfach machen! Und wir können immer wieder versuchen, einen stationären Buchhandel zu erschaffen, der es trotz aller Widrigkeiten fertigbringt, die Leser*innen in schönem Ambiente mit fundiertem Wissen und viel Herzblut vom gedruckten Wort zu überzeugen. 

Meine Anmeldung zum Ausbildereignungslehrgang in ­Seckbach im Oktober steht, und ich freue mich darauf, bei ­dieser Gelegenheit Kolleg*innen zu treffen, die genauso idealistisch sind wie ich!