Stellenmarkt

Der Zufall ist wichtig

18. Dezember 2020
Marcus Schuster

Wie baut man eine etablierte Jobmesse zu einem reinen Online-Event um? Das funktioniert, und trotzdem werden im Recruiting Präsenzveranstaltungen niemals aussterben, glaubt Thomas Ritter, Ressortleiter Karriere bei den "Salzburger Nachrichten". 

Das Karriereforum in Salzburg hat sich seit Jahren als feste überregionale Größe in der Recruiting-Landschaft Österreichs etabliert. Wie schwierig waren die Planungen für dieses Jahr?
Als im Sommer feststand, dass wir nicht einmal eine Hybridveranstaltung aus Präsenz und Web würden durchführen können, hatten wir zum Glück schon mit dem Worst Case kalkuliert: Das Konzept für eine reine Online-Ausgabe lag in der Schublade.

Was war die größte Herausforderung?
Eine Onlineveranstaltung, noch dazu als Livestream, bedarf extrem viel Planung, Koordination und Taktung ­beziehungsweise Zuordnung von Zuständigkeiten, die bei einem Vor-Ort-Event eher mal verschwimmen. Die große Gefahr heißt Absprungrate. Ein kurzer Umbau, eine Werbeeinblendung – zack, hat sich womöglich eine Reihe von Leuten ausgeloggt. Es ist eine Gratwanderung zwischen Wissens­vermittlung, etwa in den Vorträgen und Workshops, und kurzweiliger Gestaltung, ohne dass es zu lustig oder gar albern wird. Nicht zu vergessen der eigentliche Zweck der ganzen Geschichte: dass Bewerber und Arbeitgeber ­zueinander finden.

Mit der digitalen Jobmesse erreichten wie eine neue Zielgruppe.

Thomas Ritter

Wie viele Menschen ließen sich von dem Konzept überzeugen?
Von den Unternehmen sind zum Glück nur wenige abgesprungen. Auf Bewerberseite konnten wir uns mit mehr als 1 000 registrierten Teilnehmern und etwa noch einmal so vielen Zugriffen auf die Webinar-Aufzeichnungen im Vergleich zu den Vorjahren sogar steigern. Das lag vor allem an einer für uns neuen Zielgruppe: jenen Menschen, die schon in Lohn und Brot stehen. In Salzburg kennt man sich. Wer auf der Suche nach einem neuen Job ist, wäre früher niemals auf unsere Jobmesse gegangen. In der Anonymität eines Onlineformats hingegen schon.

Werden klassische Jobmessen auch nach der Pandemie seltener?
Möglicherweise, trotzdem wird der persönliche Kontakt unersetzlich bleiben. Nur so können beide Seiten einen umfassenden Eindruck voneinander gewinnen und ein­schätzen, ob man auch menschlich zueinander passt. Zudem schließen rein virtuelle Zusammenkünfte jegliche unerwar-tete Begegnung aus. Da sich die Bewerber bei uns diesmal vorher auf bestimmte Unternehmen festlegen mussten, kamen sie im Endeffekt auch nur mit diesen in Kontakt. Zufällig an einem Stand stehen zu bleiben, in ein Gespräch hineinzustolpern, was Jobmessen eigentlich ausmacht, war nicht möglich. Auch die Arbeitgeber haben trotz höherer Teilnehmerzahl weniger Kontaktdaten von Bewerbern eingesammelt als früher. Daher werden Präsenzveranstaltungen zumindest im Recruiting-Bereich niemals komplett aussterben. Auch wir planen für nächstes Jahr wieder mit einer Mischform