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Bitte nicht stören

25. September 2020
von Marcus Schuster

Christian Mörsch hat Entspannung zu seinem Beruf gemacht. Der Sozialpsychologe bildet Entspannungspädagogen, Schlaf-, Achtsamkeits- und Resilienztrainer aus.  
 

In Ihrem neuen Buch »Konzentriert arbeiten für Dummies« (Wiley-VCH, 306 S., 17 Euro) geben Sie Tipps, um die Konzentrationsfähigkeit am Arbeitsplatz zu erhalten und zu verbessern. Wie sieht für Sie der ideale Arbeitsplatz aus?
Es ist ein Ort, an dem Sie störende Ablenkungen so weit wie möglich minimieren. Denn jede Ablenkung reißt Sie aus einer Arbeitsaufgabe heraus, und Sie brauchen anschließend wieder etwa acht Minuten, um sich erneut zu vertiefen. Auf dem Schreibtisch sollten möglichst nur die Unterlagen liegen, die Sie gerade bearbeiten. Sinnvoll ist es auch, akustische und optische Signale am Smartphone und PC auszuschalten. So werden Sie nicht bei jeder eintreffenden E-Mail informiert, sondern können selbst entscheiden, wann Sie Ihre Mails lesen. Das sollten Sie gezielt und nur zwei oder drei Mal am Tag tun. Auch Kolleg*innen können ablenken. Daher ist es konzentrationsfördernd, Gesprächszeiten zu vereinbaren. Wenn sich störende Geräusche am Arbeitsplatz nicht vermeiden lassen, wäre es dennoch fatal, sich darüber aufzuregen. Je mehr Aufmerksamkeit Lärm von Ihnen erhält, desto lauter wird das Geräusch in Ihrem Kopf.

Im Büro lenken einen die Kollegen ab, zu Hause die Familie oder das schmutzige Badezimmer. Wie wirken sich Corona-Krise und Homeoffice auf Konzentrationsfähigkeit und Stresslevel aus?
Im Homeoffice vermischen sich berufliche und private Anforderungen; das Stresslevel steigt. Die Zahl der Berufs­tätigen, die über Konzentrationsprobleme klagen, hat zugenommen. Zu Hause brauchen Sie ein besonders hohes Maß an Selbstdisziplin, um nicht jeder Ablenkung zu erliegen.

Wann wird mangelnde Konzentrationsfähigkeit zu Stress?
Wer sich leicht ablenken lässt, ist im Moment der Ablenkung nicht gestresster. Das Stresslevel steigt erst, wenn die Zeit für die Erledigung wichtiger Aufgaben oder für den Abschluss eines Projekts immer knapper wird. Wir neigen dazu, dringenden, aber nicht immer wichtigen Aufgaben höchste Priorität bei der Bearbeitung zu geben. Dazu gehören die meisten E-Mails, WhatsApp-Nachrichten und Facebook-Posts. Gleichzeitig bleibt zu wenig Zeit für die wichtigen Dinge, die dadurch aufgeschoben werden. Der Berg an unerledigten wichtigen Aufgaben wächst, der daraus ent­stehende Stress senkt die Konzentrationsfähigkeit. Ein bewährtes Gegenmittel ist eine bessere Arbeitsorganisation, zum Beispiel mithilfe täglicher To-do-Listen, auf denen Sie bereits am Vorabend notieren, welche Aufgaben die höchste Priorität haben.

In welchen Jobs neigen Menschen am ehesten zu Unkonzentriertheit und Stressempfinden?
Wer in Berufen mit hohem Lärmpegel arbeiten muss, ist nicht nur gestresster, sondern macht auch häufiger Fehler. Das gilt auch für die Arbeit im Großraumbüro. Bei langweiligen oder immer gleichen Tätigkeiten leidet die Konzentration, genauso bei Arbeitszeiten, die in der Nacht liegen.

Wer in Berufen mit hohem Lärmpegel arbeiten muss, macht mehr Fehler. Das gilt auch für Großraumbüros.

Christian Mörsch