Bibliotheksverband attackiert Bundesregierung

Wortbruch?

11. Februar 2025
Redaktion Börsenblatt

Das Zerbrechen der Ampel-Koalition und die vorgezogenen Neuwahlen sorgen für Ungewissheit, was die Umsetzung zahlreicher Wahlversprechen angeht. Besonders scharf protestiert nun der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) gegen einen vermeintlichen "Wortbruch" der Ampel-Parteien. Dabei geht es um die Möglichkeit für Sonntagsöffnungen. Die Umsetzung gilt als schwierig.

Bürgerhaus und Stadtbibliothek in Nordhausen

"Im Koalitionsvertrag von 2021 hatte die Ampel-Koalition noch versprochen, die gesetzliche Voraussetzung zu schaffen, dass die Menschen am Sonntag ihre Öffentliche Bibliothek nutzen können. Weil die Bundesregierung dieses Versprechen nicht umgesetzt hat, stehen in vielen Bundesländern die Besucher:innen Öffentlicher Bibliotheken sonntags weiterhin vor verschlossenen Türen, während Museen, Theater und Kinos, Freibäder und Fußballstadien selbstverständlich sonntags besucht werden können. Der dbv wird sich daher auch in der nächsten Legislatur für eine Änderung des Bundesarbeitszeitgesetzes einsetzen", teilte der dbv mitten im Wahlkampf mit.

Volker Heller, Bundesvorsitzender des Deutschen Bibliotheksverbandes, unterstreicht die Forderung des dbv: "Trotz fraktionsübergreifender Anstrengungen konnte die Sonntagsöffnung Öffentlicher Bibliotheken in dieser Legislatur nicht umgesetzt werden. Vor allem für die Bibliotheksnutzer:innen ist dies mehr als frustrierend. Gerade für Familien, alleinerziehende oder beruflich stark eingebundene Menschen ist ein Bibliotheksbesuch oftmals nur am Sonntag möglich. Wir werden uns in der nächsten Legislaturperiode weiter vehement dafür einsetzen, dass das Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen von Arbeitnehmer:innen in Öffentlichen Bibliotheken zum Wohle der Besucher:innen bundeseinheitlich geregelt wird."

Bislang ist Nordrhein-Westfalen (NRW) das einzige Bundesland, in dem Öffentliche Bibliotheken sonntags mit Bibliothekspersonal öffnen dürfen. Dazu Volker Heller weiter: "Der Sonntag ist der publikumsstärkste Tag für Bibliotheken. NRW zeigt, wie gewinnbringend die Sonntagsöffnung sowohl für die Arbeitnehmer:innen als auch für die Bibliotheksbesucher:innen umgesetzt werden kann.  Heller forderte: "Klar ist, dass keine Bibliothek gezwungen werden darf, sonntags zu öffnen. Ob und in welchem Umfang sie das tut, muss in der Verantwortung der Bibliotheken bzw. ihrer Trägerkommunen liegen."

Auch der Deutsche Städtetag unterstützt ausdrücklich die Forderung, dass Städte künftig selbst entscheiden können, ob und wie oft sie ihre Bibliotheken sonntags öffnen.

Damit Bibliotheken sonntags öffnen dürfen, muss die Ausnahmeregelung vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen im Bundesarbeitszeitgesetz auf alle Bibliotheken ausgeweitet werden. Für Bibliotheken würde damit die Möglichkeit geschaffen, an Sonn- und auch an Feiertagen zu öffnen. Einen Zwang gäbe es aber nicht.

Gegen Sonntagsöffnungen gibt es aber auch breiten gesellschaftlichen Widerstand, etwa von Seite der Kirchen sowie Gewerkschaften. Den einen geht es um die Sonntagsruhe, den Gewerkschaften um eine gesunde Work-Life-Balance der Mitarbeiter:innen. Neben verkaufsoffenen Sonntagen hatten zuletzt automatisierte Supermärkte ohne Kassenpersonal für Zündstoff gesorgt. Die Allianz für den freien Sonntag fürchtet, dass immer neue Ausnahmeregelungen den freien Sonntag komplett aushöhlen könnten, hat dabei aber vor allem den Handel im Blick. Im kulturellen Bereich profitieren Kinos, Museen, Theater und Opern bereits von Ausnahmeregelungen.