Beste italienische Qualität verspricht der freundlich wirkende Handelsvertreter für Filz-Produkte, der "Sepp" aus Bayern, wenn er den Laden betritt. Und es dauert nicht lange, bis der gepflegt wirkende Mann, circa Mitte bis Ende 40, die Buchhändlerin oder auch Kollegen in Nachbargeschäften in ein Gespräch verwickelt. Dann geht alles blitzschnell: Er legt ein Bestellformular mit den gewünschten Mengen vor, kreuzt das Kästchen "Vorkasse" an und lässt unterschreiben. Dann kommt das böse Erwachen: Die verbindlich bestellten Mengen liegen um Potenzen über dem Gewünschten. Aus einzelnen Artikeln werden – schwupp di wupp! – ganze Verkaufseinheiten mit großen Stückzahlen. Zurücktreten von der Bestellung? Geht nicht, behauptet der Vertreter, "Sie sind Kauffrau, Ihre Unterschrift gilt!"
Wenn dann die Ware eintrifft, kommt "Böses Erwachen", Teil 2: "Es handelt sich um völlig überteuerten Ramsch aus Taiwan, ohne Herstellerhinweis, sodass die Ware nicht einmal verkauft werden darf", sagt die Buchhändlerin.
Das Ganze ist eine Rosstäuscherei übelster Sorte, und der Mann, auf dessen Konto diese Verkaufsmanöver gehen, ist kein unbeschriebenes Blatt. Langendorfs Dienst hatte bereits am 6. Oktober vor dem Trickverkäufer gewarnt, der sich im Frühjahr 2021 unter anderem im Elbtal aufgehalten und dort Ware im Nennwert von rund 40.000 Euro vertrieben habe. Betroffen war damals Ute Sauermann von der Fachbuchhandlung H. Sauermannn aus Radebeul. Gegen den Mann sollen bundesweit 70 Strafverfahren anhängig sein, wie Langendorfs Dienst berichtet. Offenbar ist es aber bis dato nicht gelungen, dem Mann das Handwerk zu legen. Die jetzt betroffene Buchhändlerin aus Schleswig-Holstein hat mit zwei anderen Betroffenen inzwischen Anzeige erstattet, wegen versuchten Betrugs.
Laut Ute Sauermann liegt gegen den Mann seit 18. Mai 2016 rechtskräftig eine dauerhafte Untersagung der gewerblichen Tätigkeit "Handelsvertretung für Dekorationsmaterial und Filz" der Stadt Regensburg sowie bundesweit eine Untersagung jeder sonstigen selbstständigen Tätigkeit im stehenden Gewerbe vor. Der Mann sei nicht nur in Sachsen unterwegs gewesen, sondern suche sich immer neue Verkaufsschwerpunkte in Deutschland, wie jetzt in Schleswig-Holstein. Auch im Buchhandelstreff auf Facebook gibt es Warnungen vor dem "Filz-Sepp", unter anderem aus Berlin.