Frage 1: Gibt es einen Unterschied in der titelbezogenen Nutzungsintensität zwischen Exemplaren der Print-Leihe und der E-Leihe?
Die Studie kommt zunächst zu dem Ergebnis, dass die E-Leihe pro Exemplar deutlich intensiver genutzt wird als die Print-Leihe. Während Print-Bücher im Jahr der Veröffentlichung 5,8-mal pro Exemplar ausgeliehen werden, werden E-Books 14,1-mal ausgeliehen. Im zweiten und dritten Jahr verstärken sich die Unterschiede. Bereinigt um die unterschiedliche Leihdauer werden E-Books im Veröffentlichungsjahr 70 % öfter als Print-Bücher ausgeliehen.
In der E-Leihe werden Bücher mit Windowing, einer Sperrfrist für die E-Leihe, nach Ablauf der Windowing-Frist intensiver genutzt als Bücher ohne Windowing. Das kann aber auch daran liegen, dass das Windowing für populärere Bücher angewandt wird.
Frage 2: Wie beeinflusst die E-Leihe den Kaufmarkt von E-Books und Print-Büchern? Was ist der Effekt von Windowing?
Die ökonometrische Analyse der Studie hat gezeigt, dass Windowing einen signifikanten, positiven Effekt auf die Verkaufszahlen und den Verkaufserlös im Publikumsmarkt hat - sowohl im E-Book. als auch im Print-Markt. Schätzungen zufolge steigert das Windowing den Verkaufserlös von E-Books um 9,9 % und von Print-Büchern um 3,5 %. Bei Bestsellern und in der Belletristik sind die Effekte besonders stark.
Frage 3: Was sind die wirtschaftlichen Auswirkungen der E-Leihe bzw. des Windowing auf die Marktteilnehmenden?
Auf Basis der Ergebnisse aus Frage 1 und 2 wird geschätzt, dass eine Aufhebung des Windowing den E-Book-Umsatz in der aktuellen Situation (Stand 2022) um -4,6 % bis -9,2 %, bzw. -11,1 bis -22,5 Mio. Euro senken würde, während der Umsatz am umsatzstärkeren Printmarkt schätzungsweise um -0,7 % bis -3,5 % bzw. -27,0 bis -131,3 Mio. Euro sinken würde.
Durch eine Aufhebung des Windowing würden sich laut Studie für die Marktteilnehmenden folgende Umsatzveränderungen ergeben:
- Autor:innen: -3,2 bis -13,6 Mio
- Verlage: -17,6 bis -76,2 Mio. Euro
- Buchhandel: -13,8 bis -53,2 Mio. Euro
- Aggregatoren: +0,3 Mio. Euro
Die Mehreinnahmen durch den Verkauf zusätzlicher E-Book-Lizenzen könnten die Verluste insgesamt nicht kompensieren. Nach Berechnungen würden sich mit Aufhebung des Windowing ein Umsatzverlust von -37 bis 152,7 Mio. Euro pro Jahr für den Buchmarkt ergeben.
In zwei Szenarien sollte außerdem die zukünftige Entwicklung bis 2027 geschätzt werden - bei konstanter und bei steigender E-Leihe. In beiden Szenarien steigen die Umsatzverluste im Vergleich zum Ausgangsszenario an. Bei steigender E-Leihe könnten die Umsatzverluste nach Schätzungen im E-Book-Markt -13,7 bis -27,4 Mio. Euro und im Print-Markt -33,6 bis -161,7 Mio. Euro betragen, was einen Anstieg von etwa 23 % im Vergleich zum Ausgangszenario 2022 entspricht.
Frage 4: Wie unterscheiden sich der soziodemografische Hintergrund der E-Leihe-Nutzenden und Print-Leihe-Nutzenden von der gesamten Bevölkerung und den Käufer:innen am Buchmarkt?
Die Analyse zeigt, dass Bibliotheksnutzende im Vergleich zur gesamten deutschen Bevölkerung überdurchschnittlich oft ein hohes Einkommen und einen höheren Bildungsabschluss haben. Dies trifft auf Buchkäufer:innen ebenso zu. Print-Leihe- und E-Leihe-Nutzende hätten noch häufiger ein überdurchschnittlich hohes Einkommen und eine hohe Bildung als Käufer:innen.
E-Leihe-Nutzende und Print-Leihe-Nutzende kaufen außerdem öfter Bücher als die gesamte Bevölkerung in Deutschland. Außerdem gibt es in einer Analyse des sich verändernden Kaufverhaltens Hinweise darauf, dass Leser:innen mit Beginn der E-Leihe weniger am Buchmarkt ausgeben. Diese Hinweise sind aufgrund der geringen Stichprobe und der Pandemie jedoch nicht als kausale Effekte zu interpretieren, merkt die Studie an.