Im wie immer brechend gefüllten Forum Die Unabhängigen wurde am Messefreitag traditionell der Kurt-Wolff-Preis vergeben: Der mit 35.000 Euro dotierte Kurt-Wolff-Preis 2024 geht an den AvivA Verlag, der seit einem Vierteljahrhundert unter der Leitung von Britta Jürgs mit nicht nachlassender Energie und großem Spürsinn die weiblichen Stimmen der Weltliteratur zur Geltung bringt. Der mit 15.000 Euro dotierte Kurt-Wolff-Förderpreis 2024 geht an den Verlag mikrotext, in dem die Verlegerin Nikola Richter seit 2013 mit einem originellen Mix aus Hardcover, Paperback, Taschenbuch, E-Book und Podcast Kurzprosa und Roman, Reportage und Reflexion, Essay und Songtext, Lyrik und Soziale-Medien-Dichtung zusammenführt und so die Gegenwartsfähigkeit der deutschsprachigen Literatur befördert.
Ihre so kurzweilige wie pointierte Laudatio nutzte die Verlegerin, Autorin und Übersetzerin Zoë Beck, die erst vor ein paar Tagen mit der Trägerin des Förderpreises verwechselt worden war („Sie sind doch die ähm, na, Mikrotext-Frau, ach nee! Sorry … aber Sie waren ja auch eine von denen …?!“), um überkommene, aber immer noch wirkmächtige Geschlechter-Klischees der Branche aufzuspießen. „Liebe Britta, liebe Nikola, danke, dass ihr nicht tut, was von euch erwartet wird“, sagte Beck, „denn dadurch seid ihr Vorbilder, Weggefährtinnen, Verbündete und Vertraute in dieser Branche, in der zwar Frauen in der Überzahl sind, die in entscheidenden Positionen aber doch oft genug wieder ganz konventionell, ganz traditionell, ganz formell männlich dominiert ist, mit allen Ritualen, die dazugehören, mit allen Filtern und Schlagwörtern und Algorithmen, die Erfolg definieren wollen.“
Auf der Agora des Indie-Headquarters der Buchmesse skizzierte Beck stattdessen die wahren Erfolgsgeschichten der beiden Kolleginnen. In jene von Nikola Richter kann sich die Laudatorin besonders gut einfühlen, bildete sie doch (nach der fast parallelen Gründung von CulturBooks mit Jan Karsten) gemeinsam mit Richter und Christiane Frohmann in der Medien-Wahrnehmung die „drei Damen vom Digitalgrill“, gern genommen als Zeitgeistphänomen – „bevor man sich am Ende noch mit den verlegten Texten beschäftigen muss“. Ja, ja: Der Trend is your Friend. Auch der Schreiber dieser Zeilen erinnert sich noch an Sammelporträts und kippt sich ein Sektgläschen Asche aufs Haupt.