"Literaturkritik vs. Posting, Journalisten vs. Blogger, Kompetenz vs. Enthusiasmus, Kriterien vs. Geschmack" - das waren nur vier Gegensatzpaare, die Literaturkritikerin Christine Knödler zum Auftakt des Seminars "PR im Spannungsfeld zwischen Literaturkritik und Postings" ins Spiel brachte. 22 Pressesprecher:innen von avj-Kinder- und Jugendbuchverlagen diskutierten vom 24. - 25. Juni in Frankfurt am Main intensiv über Stärken der journalistischen Arbeit und stetigen Medienwandel. Lag noch vor wenigen Jahren der Schwerpunkt der Verlags-PR auf dem Austausch mit Journalist:innen der "klassischen Medien", um über Bücher, Inhalte, Autor:innen und Illustrator:innen zu reden, so habe sich das heute erkennbar geändert, meinte Tomas Rensing von der AG Komm der Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj). "Dem Feuilleton wird immer weniger Platz eingeräumt, Besprechungen in den Tageszeitungen werden seltener und Magazine drucken oft nur noch Cover mit wenigen Worten oder ein paar Sätzen ab. Stattdessen erreichen uns Anfragen von Blogger:innen und gemeinsam mit dem Marketing halten wir Ausschau nach PR-wirksamen Influencer:innen, die gegen Bezahlung auf unsere Bücher aufmerksam machen."
Nach einem Impulsvortrag von Christine Knödler tauschten sich die Teilnehmer:innen in einzelnen Workshops aus. "Die haben uns dieses Mal besonders herausgefordert", erklärte Anna Heubeck (ArsEdition). "Im Alltag sind wir es, die Anfragen erhalten oder aktiv PR betreiben. In den Workshops machten wir einen Seitenwechsel und mussten die Presseabteilungen von unserer Arbeit überzeugen - als Podcaster, Journalistin, Radiomacher oder Bloggerin." Die anschließende Diskussion über Vor- und Nachteile und der damit einhergehenden Herausforderungen im Alltag der Pressestellen in den Verlagen war nach Meinung der Teilnehmer:innen so lebhaft wie erkenntnisreich: "Da haben wir alle viel mitnehmen können und sind dankbar für den so offenen Austausch und das Netzwerk, das wir mit der avj haben", sagt Friederike Wehse (Moses Verlag).
Beim Austausch mit Medienvertreter:innen wurden mit Maren Bonacker (Journalistin, Jurorin und Veranstalterin), Julia Fraczek (Bloggerin), Lea Kaib (Influencerin, Moderatorin und Autorin), Tobias Schier (Radio-Journalist) und Ralf Schweikart (Journalist, Blogger, Podcaster und Juror) zunächst Fragen des Arbeitsalltags wie Katalog vs. digitale Vorschau, Newsletter vs. Direktmailing oder unverlangte Rezensionsexemplare ja vs. nein mit der Erkenntnis geklärt: Die EINE Antwort gibt es nicht. Und dies trifft auch auf die intensiv diskutierten Fragen "Welchen Stellenwert hat die Literaturkritik heute?", "Sind Influencer:innen bei den Pressestellen richtig angedockt?" oder "Muss sich PR vom Marketing wieder abgrenzen?" zu. "Bei all diesen Fragen geht es nicht um ein 'versus', sondern eher um eine Zusammenschau: Je mehr verschiedene Formen und Foren es für einen öffentlichen Diskurs der Kinder- und Jugendliteratur gibt, desto besser. Wir müssen allerdings wissen, wer was macht. Dafür brauchen wir klare Positionen und Entscheidungen", fand Christine Knödler.