Hier diskutieren alle über Bücher

Samstagmittag, vor der 3sat-Lounge ist kein Durchkommen mehr. Wem hören die Buch-Wien-Besucher:innen zwischen vorwiegend 20 und 30 Jahren hier zu? Die Autorinnen Ruby Braun, Sabine Schoder und Teresa Sporrer reden über „Spicy Romantasy und Darc Academia“ und was sie zu den Settings inspiriert. Kein Einzelfall, in der 12.000 Quadratmeter großen Messehalle sind unglaublich viele interessierte Leserinnen und Leser, „die verschiedenen Bühnen sind bis auf den letzten Platz voll, die Leute stehen sogar noch auf dem Gang“, konstatiert Leykam-Programmleiterin Tanja Raich. Schriftstellerin Mareike Fallwickl, mit der sie sich gerade am Stand unterhält, hat gerade auf der großen ORF-Bühne aus ihrem jüngsten Roman „Und alle so still“ gelesen, Leykam-Autor Kurt Palm wird gleich auf der Bühne des „Standard“ aus „Trockenes Feld“ lesen. Sie sind zwei von insgesamt 511 Autor:innen, die nicht nur auf der Messe, sondern in 16 Orten der Stadt Wien gelesen haben. Der in den Zeitschriften gut besprochene Roman "Umlaufbahnen" (dtv) von Booker-Prize-Gewinnerin Samantha Harvey war übrigens in den Wiener Buchhandlungen nicht mehr zu bekommen, so begehrt scheint der erst am 14. November erschienene Titel gewesen zu sein – "wird nachgedruckt, kommt Anfang Dezember", hieß es in den Buchhandlungen der Stadt.

Vor der Kinderbühne lümmeln sich Kinder gemütlich auf dem Boden und lauschen Merete Pryds Helle, die auf Dänisch aus „Luna und die herrlich vermurksten Ferien“ liest und übersetzt wird – 118 der 421 Messeveranstaltungen sind eigens für Kinder. 190 Quadratmeter wird von New Adult bespielt. Schräg gegenüber der Kinderbühne stärken sich junge Familien erstmal, es wird in Bücher geblättert und vorgelesen. Gelesen wird hier überhaupt viel, jeder Dritte scheint sich festzulesen. Die Lektüre kann auch direkt am Stand der rund 300 Aussteller aus 27 Nationen gekauft werden oder in der Messebuchhandlung auf 750 Quadratmeter-Fläche, wovon deutsche Verlage allein schon wegen des anderen österreichischen Mehrwertsteuersatzes gern Gebrauch machen.

"Es sind viel mehr Besucher:innen hier als im Vorjahr und man kann gut beobachten, dass sie auch gezielt zu den Veranstaltungen kommen – da werden die Stühle nicht nur als Sitzgelegenheit geschätzt", sagen mit einem Schmunzeln Myriam Lang und Claudia Malten vom SBVV, die die Buch Wien seit Anbeginn kennen, "nein, da steht keiner auf, bevor die Veranstaltung zu Ende ist. Das ist hier auch ein großes Lesefest." Deutlich mehr Publikum als 2023 (da kamen 58.000 Besucher:innen) – das  ist auch der Eindruck von Wagenbach-Vertriebsleiter Jörg Englbrecht, und auch inhaltlich habe die Buch Wien noch einmal gewonnen: "Viele Veranstaltungen treffen den Nerv der Besucher:innen, es dreht sich häufig um wirkliche Debattenthemen", Günter Kaindlstorfer habe ein gutes literarisches Programm kuratiert. "Für uns ist die Buch Wien wichtig, weil es eine der Möglichkeiten ist, in direkten Kontakt mit unserem Publikum zu treten und uns auszutauschen."

Die Stimmung auf der Buch Wien ist gut, es wird viel unter einander geredet und geratscht – die gleichgesinnten Leser:innen untereinander, Kund:innen und Verlagsmitarbeiter:innen, Freunde und Familienmitglieder, die sich über zu tätigende Käufe beraten ("Ich glaub, ich muss jetzt amal von der Messe gehen, sunst hab ich dreimal soviel ausgeb’n wia i mir vorgnommen hab …", meint eine Mittzwanzigerin und ihre Freunde sagen "Ah geh! Geht uns ned anders – is aber doch nur einmal im Jahr!"). Über Bücher ins Gespräch kommen, das sei für sie einer der wichtigsten Faktoren dieser fünf Tage, betonen hier viele: "Das macht einfach die Buch Wien aus."