Egmont BÄNG! Comics

"Richtig Bock, etwas Neues auszuprobieren"

10. Februar 2022
von Nils Kahlefendt

Mit Egmont BÄNG! Comics hat Egmont ein eigenes Label gestartet: Ein Interview mit Egmont-Verleger Wolf Stegmaier und Verkaufsleiter Markus Iking über den Launch mit Comics für Kinder von sieben bis elf Jahren.

Warum sind Sie gerade jetzt an den Start gegangen?
Wolf Stegmaier: Da kommt einiges zusammen: Comics und Manga haben in Pandemiezeiten ein erstaunliches Wachstum hingelegt; vor allem die Klassiker, also Disney, Asterix und Lucky Luke sind förmlich explodiert. Aber auch Kinderbücher liefen sehr gut. Egmont hat Know-how in beiden Bereichen: Wir sind Marktführer im Comic-Segment und waren mit Schneiderbuch, bis zum Verkauf an HarperCollins 2020, lange im Kinderbuch unterwegs. Deshalb war es für uns ein schlüssiger strategischer Move, in den Bereich Kinder-Comics zu investieren. Und das mit voller Power: einer eigenen Vorschau, einem kompletten Programm, einem eigenen Label. Wir hatten richtig Bock, etwas Neues auszuprobieren ...

... und, stärker als bislang, in die Kinderbuch-Abteilungen der Republik vorzudringen?
Markus Iking: Genau! Deshalb sind wir mit dem neuen BÄNG!-Programm bewusst in die Warengruppe 250 gegangen. Titel wie der Comic-Roman "Gregs Tagebuch", wie "Tom Gates" oder die "Dork Diaries" haben Interesse geweckt, den Weg bereitet. Man traut uns zu, dass wir so was können. Mit BÄNG! wollen wir die Hemmschwelle im Kinderbuch weiter senken. Wir spüren positive Resonanz.

Mit "Idefix" und der "Schrecklichen Adele" lassen Sie’s aber auch ganz schön krachen ...
Stegmaier: Auch das war ein Grund, dieses Label zu gründen. Als klassischer "Asterix-Verlag" haben wir natürlich für die "Idefix"-Comics, die unser Lizenzgeber zunächst für den französischen Markt produziert hat, eine Heimat gesucht. Wir haben lange diskutiert, wie sich das in bereits bestehende Labels einordnen ließe - die "Comic Collection" zielt ja in erster Linie auf ältere Sammler und Familien. Also dachten wir: Lasst uns das Momentum nutzen – das könnte ein wunderbarer Türöffner für ein neues Label sein. Den irrwitzigen Erfolg von "Mortelle Adèle" in Frankreich hatten wir natürlich ebenfalls auf dem Schirm – und auch diese Serie passte irgendwie nicht in die vorgefundene Label-Struktur.

Von "Mortelle Adèle" raunt man Sagenhaftes, auch umsatzmäßig.
Stegmaier:
Vorgestern hieß es, dass bislang zehn Millionen Exemplare verkauft worden wären. Allerdings satteln die im Monatsrhythmus jeweils eine Million drauf. Wahnsinn! Wir müssen ständig unser Marketing-Material updaten. Vielleicht sollten wir sicherheitshalber bald von 20 Millionen schreiben?

Wie kamen sie zum Zug?
Stegmaier:
Der Lizenzgeber hatte sich bewusst entschieden, mit den größeren Märkten noch zu warten. Beim Abschluss ging es weniger um die Höhe des Betrags, als um einen langfristigen Plan, wie man die Marke in Deutschland aufbauen kann. Wir haben ein komplettes Roll-out über drei Jahre vorgelegt. Was man nicht vergessen darf: Auch in Frankreich ist "Adèle" zunächst langsam gewachsen. Das war so ein Schulhof-Thema, bis es plötzlich durch die Decke gegangen ist. Beim Marketing wollen wir deshalb auch mit Tools wie "Vorablesen" arbeiten. Wir wollen nichts aufdrücken, es soll sich bei den Kindern durchsetzen.

Momentan wird unter Erwachsenen intensiv über Anne Frank diskutiert – wie kam der Comic "Ich bin Anne Frank" ins Programm?
Iking: Wenn man sich auf neues Terrain wagt, braucht man ein Programm, das breit aufgefächert, aber auch in sich schlüssig ist. Es braucht eine Dramaturgie. Und die Reihe "Jede*r kann die Welt verändern", in der Bücher zu Anne Frank und Albert Einstein erscheinen, runden das Programm mit ihrem Education-Approach perfekt ab. Wir wollten eine positive Botschaft setzen. Im Original heißt die Reihe "Ordinary People change the World". Das passt am Ende zu einem starken Mädchen wie Adèle – und zum Power-Humor von "Bunny vs. Monkey". Es ist eine seriöse Erweiterung des Programms.

Sie setzen im Startprogramm komplett auf Lizenzen. Trauen Sie einheimischen Comic-Gewächsen nichts zu?
Stegmaier: Dass es im Kinder-Comic-Segment Eigenproduktionen mit Potenzial gibt, beweist etwa Kosmos mit den Adaptionen der "Drei ???" durch deutsche Künstler. Aber: Es ist ein zeit- wie arbeitsintensives Geschäft. Ich kann Ihnen aber versichern: Wir sind dran!

 

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