Lektorate entdecken vergessene Romane wieder
Viele Autor:innen geraten in Vergessenheit – und werden von späteren Generationen wiederentdeckt. Lektorate und Verlage suchen derzeit intensiv nach solchen Trouvaillen. Oft mit detektivischem Spürsinn.
Viele Autor:innen geraten in Vergessenheit – und werden von späteren Generationen wiederentdeckt. Lektorate und Verlage suchen derzeit intensiv nach solchen Trouvaillen. Oft mit detektivischem Spürsinn.
Sieht man in die Vorschauen, kommt man an den Wiederentdeckungen nicht vorbei: Seit rund zwei Jahren wird dort verstärkt für »Klassiker, erstmals auf Deutsch« geworben, für 100 Jahre alte »literarische Sensationen«, für »zu Unrecht vergessene Romane« – und ja, fast jedes Mal wird man neugierig. Ein Trend also? »Es ist eher eine neue Welle«, meint Reclam-Lektorin Christina Müller, »denn es gibt in jeder Generation Entdeckerinnen. Heutige Neuentdeckungen wurden zum Teil in den 1970er Jahren schon einmal ausgegraben und sind dann wieder aus dem Blick verschwunden.« Die Wellenbewegung fällt auch AvivA-Verlegerin Britta Jürgs auf, die seit jeher »vergessene« Autorinnen, insbesondere jene der 1920er Jahre und des deutschen Exils, in ihrem Programm hat. Gabriele Tergit etwa, die 1931 mit ihrem Roman »Käsebier erobert den Kurfürstendamm« bei Rowohlt reüssierte, wurde 1977 neu gedruckt und dann 2016 wieder bei Schöffling zu einem Erfolg.
Größere Verlage machen die Wiederentdeckungen zu Spitzentiteln, wie James Baldwin bei dtv und Tove Ditlevsen bei Aufbau zeigen: »Das ist ein Zeichen, dass die Verlage ein Publikum dafür sehen«, resümiert Sebastian Guggolz, mit seinem eigenen Guggolz Verlag Spezialist für »Neu- und Wiederentdeckungen« und seit 2022 zusätzlich Teamleiter Klassiker im Literaturlektorat bei S. Fischer – der Verlag hält ihm jedes Halbjahr im Hauptprogramm einen Platz für eine deutsche oder internationale Wiederentdeckung frei. »Im S. Fischer-Archiv gibt es unglaubliche Schätze, gerade aus der Zwischenkriegszeit; Bücher, die wir nicht mehr so richtig im Kopf haben.«
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