Künstliche Intelligenz – ein erstes Fazit
Textprofi Michael Schickerling und Börsenblatt Redakteur Kai-Uwe Vogt haben sich mit ChatGPT und den Folgen von Künstlicher Intelligenz auf die Buchbranche beschäftigt. Hier ziehen sie ein Fazit.
Textprofi Michael Schickerling und Börsenblatt Redakteur Kai-Uwe Vogt haben sich mit ChatGPT und den Folgen von Künstlicher Intelligenz auf die Buchbranche beschäftigt. Hier ziehen sie ein Fazit.
Nichts ist gefährlicher für ein gelungenes Buch: den wohlgeformten Output der KI herzunehmen, die perfekte Form mit Bedeutung, also dem Bezug zur realen Welt, zu verwechseln und dabei die eigenen kommunikativen Absichten aufzugeben.
Künstliche Intelligenz kann heute schon die Buchentstehung begleiten – ein Schritt in Richtung effizienterer, kreativerer und fehlerärmerer Erstellung von Inhalten. Entscheidend ist aber das Zusammenspiel von Mensch und Maschine. So braucht es stets ein sehr detailliertes Briefing, um der KI zielführende Ergebnisse zu entlocken und nicht mit der Sichtung und Überarbeitung origineller, aber sinnfreier Ergebnisse Zeit zu vergeuden. Letztlich liegt die Hoheit immer beim menschlichen Urheber. Er muss hinterfragen und bewerten, ob die Ergebnisse der KI-Programme den Anforderungen, der ursprünglichen Intention, der anvisierten Zielgruppe und dem gewünschten Stil des Werks entsprechen. Nichts ist gefährlicher für ein gelungenes Buch: den wohlgeformten Output der KI herzunehmen, die perfekte Form mit Bedeutung, also dem Bezug zur realen Welt, zu verwechseln und dabei die eigenen kommunikativen Absichten aufzugeben.
Bleibt die Frage: Werden Autoren, Ghostwriter, Texter, Übersetzer, Redakteure, Korrektoren, Illustratoren und Fotografen damit überflüssig? Sicher nicht! Sie können die neuen KI-Tools gewinnbringend in ihre Arbeit integrieren, sich von schnöden Routineaufgaben befreien und dadurch noch bessere Ergebnisse liefern. Lassen wir hier die KI selbst zu Wort kommen: „Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass KI-Systeme nicht in der Lage sind, menschliche Empathie, Kreativität und Urteilsvermögen zu ersetzen.“
Wir werden uns wohl einen nüchternen Begriff von Kreativität zulegen müssen.
Der Hype ist da – und er wird nicht mehr verschwinden. Wenn man sich die bisher nie erreichten Nutzerzahlen von ChatGPT anschaut, ist klar, dass wir am Anfang einer disruptiven Entwicklung entstehen. Welchen Erfolg können Klagen von Urheber:innen haben, wenn nicht einmal die Programmierer nachvollziehen können, wie die Bots lernen und wie sie zu ihren Ergebnissen kommen? Die Menge an Daten, die sie dafür nutzen, ist schier ungeheuer. Michael Schickerling hat ChatGPT eine Dystopie über das Ende der Buchbranche schreiben lassen, wie wir sie kennen. Ich persönlich halte das Szenario noch für zu schmeichelhaft für die menschlichen Protagonisten. Noch sind Algorithmen servile Helfer: Sie empfehlen uns Bücher, entlasten den Kundenservice bei Standardanfragen von Kund:innen, aus dem Mediensektor sind sie schlicht nicht mehr wegzudenken. Es dauert nicht mehr lange, dann können Bots selbstständig Videoinhalte produzieren, Codes schreiben, die die globale IT-Sicherheitsstruktur bedrohen, Hörbücher schreiben und einsprechen und gleich in einem Online-Funnel vertreiben. Wie werden wir Urheberschaft in der Zukunft definieren, wenn die Bots überall mitschreiben? Werden die Superreichen der Zukunft die Besitzer:innen der Botfarmen sein?
Ich habe die KI einen Romananfang für ein Buchprojekt schreiben lassen, dass ich seit 20 Jahren im Kopf habe. Das Ergebnis war schrecklich, aber mit Grausen und Begeisterung habe ich der KI live zugeschaut, wie sie Sätze produziert, die ich bis dahin bislang nicht aufs Papier bringen konnte. Wir werden uns wohl einen nüchternen Begriff von Kreativität aneignen müssen, wenn die Maschinen zu Ergebnissen kommen, die unsere Mitmenschen für gleichwertig oder besonders gelungen halten. Ich denke oft an die Warnungen von Yuval Noah Harari in „Homo Deus“. Harari malt ein eher düsteres Szenario, dass in einem Verschmelzen von Mensch und Maschine und einer Art Technokratie münden könnte. Zu schwarzseherisch? Der gewaltige Nutzen, den Künstliche Intelligenzen für die Umwelt, unsere Gesundheit, unsere Lebensqualität haben könnten, steht außer Frage. Zweifelhaft scheint mir, ob der Mensch verantwortungsvoller und gerechter als bisher mit immer mächtigeren Werkzeugen umzugehen vermag – oder ob unsere technische Entwicklung unsere moralische längst überholt hat.
Michael Schickerling im Gespräch mit ChatGPT darüber, wie Künstliche Intelligenzen die Buchbranche vernichten oder retten könnten, in vier Teilen.
Michael Schickerling bietet mit schickerling.cc Expertise bei der Konzeption von Sachbüchern, Ratgebern und Fachbüchern, Management komplexer Publikationsprojekte, Textentstehung und redaktioneller Unterstützung. Daneben ist er Dozent (u.a. am mediacampus frankfurt) und Referent zahlreicher Börsenblatt-Webinare.