"Diversität und Vielfalt wird in der Buchbranche gerne als Ziel genannt", schreibt Thoms. "Noch ist die Branche auch sehr vielfältig, 70 Prozent der Mitgliedsunternehmen des Börsenvereins sind kleine, oft sehr spezielle Verlage oder Buchhandlungen mit einem Jahresumsatz von unter 600.000 Euro. Eine Zahl, die der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Herr Kraus vom Cleff, anlässlich der Jahrestagung der Interessengemeinschaft Belletristik und Sachbuch in den Raum stellte." Laut Thoms seien die kleinen Verlage bei der IG BellSa aus Kostengründen aber nur vereinzelt vertreten gewesen.
Hier der Kommentar von Thoms im Wortlaut:
Warum ist das Verschwinden kleiner Verlage für die großen Häuser ein Problem?
Nun wird in der Branche schon lange für den Bestand kleiner, unabhängiger Buchhandlungen gekämpft, damit die Vielfalt der Buchbranche sichtbar bleibt. Doch was ist mit den kleinen, unabhängigen Verlagen? Irgendwie konnten diese sich immer noch querfinanzieren oder über Wasser halten, aber nach zwei Jahren Corona ohne Messen und einem Jahr Kaufzurückhaltung ist dies nicht mehr möglich und ein kleiner, unabhängiger Verlag nach dem anderen schließt. Unbemerkt von der Branchenöffentlichkeit, denn die meisten dieser Verlage gehen nicht insolvent oder geben eine Pressemitteilung raus, sie geben einfach auf und publizieren keine neuen Bücher mehr.
In vielen großen Unternehmen wird das schlichtweg nicht als Problem wahrgenommen. Weniger Konkurrenz für die großen Verlage. Große Buchhandlungen haben mit kleinen, unabhängigen Verlagen ohnehin in der Regel keine direkte Geschäftsverbindung, bemerken die Schließungen also gar nicht.
Doch: Woher kommen denn die Themen-Innovationen in der Branche? Wer entdeckt denn neue Autor*innen und nimmt sie oft jahrelang an der Hand, um mit Ihnen Texte zu entwickeln? Sehr selten die großen Verlage. Im Gegenteil, es ist und war schon immer Usus in der Branche, dass große Verlagshäuser Themen und Autor*innen kleiner Verlage übernommen und abgeworben haben, sobald sie "marktreif" waren.
Doch bei der Geschwindigkeit, mit der kleine Verlage die Pforten schließen, wird es sie einfach bald nicht mehr geben. Dann werden die neuen Themen und Autor*innen ins Selfpublishing abwandern, was sie ja schon tun. Und dann werden die großen Häuser Ihre Themen dort suchen – was sie ja auch schon tun. Aber: Wer im Selfpublishing gelernt hat, dass er keinen Verlag braucht, wird das in vielen Fällen auch in Zukunft nicht tun. Aber viele Autor*innen, die sich aus finanziellen oder zeitlichen Gründen das Selfpublishing nicht leisten können, werden gar nicht auf den Markt kommen, da Ihnen das Engagement kleiner, unabhängiger Verlage fehlt.
Wenn somit große Verlage und auch große Buchhandlungen weiterhin eine Vielfalt in der Branche proklamieren möchten, wäre es gut, auch mal einen Blick auf die kleinen, unabhängigen Verlage und nicht nur die kleinen, unabhängigen Buchhandlungen zu werfen. Und auch Ihnen vielleicht eine Möglichkeit eines Marktzugangs zu schaffen. Denn oft weiß man ja erst, was man verloren hat, wenn es weg ist.
..."Ihre Email ist eingegangen und wird von uns bearbeitet. Wenn Sie von uns keine weitere Nachricht erhalten, bitten wir Sie von einer erneuten Nachfrage abzusehen". ...
tags darauf:
... "Leider sind unsere Möglichkeiten sowohl räumlich als auch konditionell begrenzt, weswegen wir versuchen, die am stärksten nachgefragten
Titel stationär vorzuhalten, in Kombination mit den besten Lieferkonditionen". ....
Tja, selbst ein nominierter Titel wurde nicht aufgenommen und jedesmal einzeln bei mir bestellt - da fehlt mir tatsächlich das Verständnis.
Ich strampel weiter und wünsche allen Leidensgenossen zähes Durchhaltevermögen - es loht sich!
Peter-Uwe Sperber