Umfrage zum Jahreswechsel (14): Kerstin Beaujean

"Die Buchbranche darf nicht zu langsam agieren"

9. Januar 2025
Stefan Hauck

Im Wettbewerb um die knappe Aufmerksamkeit neues Publikum zu gewinnen und Geschichten außerhalb der Buchdeckel zu verlängern, sieht Kerstin Beaujean als wichtiges To-Do für 2025; die abnehmende Dialogbereitschaft beunruhigt sie: Die Piper-Pressechefin hat unsere Fragen zum Jahreswechsel beantwortet.

Kerstin Beaujean

Kerstin Beaujean

Darüber habe ich mich sehr gefreut:

Wir konnten 2024 für Piper, Malik, everlove und den Berlin Verlag, der seinen 30. Geburtstag hatte, viele Erfolge feiern. Eine unglaubliche Teamleistung innerhalb des Verlags, aber natürlich wurden diese auch dank unserer Autor:innen und sämtlicher Geschäftpartner:innen erreicht. Es ist toll zu sehen, wenn all die verschiedenen Bücher ihre Leser:innen und Publikum finden. Mein persönliches Highlight und eine Ehre stellt die Zusammenarbeit mit Hape Kerkeling dar. Für "Gebt mir etwas Zeit“ waren wir bei vielen Redaktionen, Sendern und Veranstalter:innen zu Gast, eine unvergessliche Reise.

Das hat mich geärgert:

Dass die Demokratie in Gefahr scheint, man sich über eine größer werdende Spaltung der Gesellschaft Sorge machen muss, und die Dialogbereitschaft und das Zuhörenwollen wohl abnehmen, beunruhigt mich.

Lasst uns auch zukünftig diese Geschichten außerhalb der Buchdeckel verlängern und mit allen Sinnen erlebbar machen.

Kerstin Beaujean

Was auf meiner Agenda für 2025 steht:

Nach dem Programm ist vor dem Programm. Am 10. Januar 2025 starten wir unter anderem mit »Im Schnee«, ein stiller und bewegender Roman von Tommie Goerz über die Schönheit und Härte des einfachen Lebens und über die Bedeutung von Freundschaft. Matthias Lohre eröffnet das Thomas-Mann-Jahr mit »Teufels Bruder«, worin er von der Italienreise von Thomas und Heinrich erzählt. Und auch im Frühjahr besuchen uns wieder internationale Autor:innen wie Cecilia Ahern, Chris Whitaker und Joël Dicker.

Meine Lieblingslektüre 2024:

Hape – was sonst? Aber um auch andere Titel zu nennen: Martin Suter hat mit »Allmen und Herr Weynfeldt« (Diogenes) zwei meiner Lieblings-Bonvivants zusammengebracht, ein echter Genuss. Zudem freue ich mich zwischen den Jahren auf die Lektüre von Joachim Meyerhoffs »Man kann auch in die Höhe fallen« (Kiepenheuer & Witsch) und von »Verraten«, den letzten Band der Carl-Mørck-Reihe von Jussi Adler-Olsen (dtv).

Das muss sich 2025 in der Branche ändern:

Durch die immer schneller voranschreitende Digitalisierung und der dadurch bedingten notwendigen Transformation darf die Buchbranche nicht den Fehler machen, zu langsam zu agieren, hat sie in der Vergangenheit doch öfter erst einmal nur beobachtet und konnte dann nur noch reagieren.

Außerdem ist weiterhin Offenheit für das Ausprobieren neuer Formate wünschenswert, ohne unnötige Hybris und ohne an starren Genre-Grenzen festzuhalten. Wir müssen im Wettbewerb um die knappe Aufmerksamkeit bereit sein, unsere Zielgruppen noch genauer kennenzulernen und neues Publikum zu gewinnen. Die Begeisterung für Geschichten, Unterhaltung und Information ist ungebrochen – lasst uns auch zukünftig diese Geschichten außerhalb der Buchdeckel verlängern und mit allen Sinnen erlebbar machen.

Zur Person

Kerstin Beaujean leitet seit April 2023 die Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Veranstaltungen des Piper Verlags. Nach dem Studium der Theater- und Medienwissenschaft, Galloromanischen Philologie und Psychologie in Erlangen und Caen begann sie nach Stationen beim Radio und dem deutsch-französischen Institut in Erlangen 2006 im Diogenes Verlag. Dort war sie ab 2011 die stellvertretende Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit.