Gastspiel von Peter Reichenbach

Keine Angst vorm Antrag!

4. März 2021
Redaktion Börsenblatt

Der mairisch Verlag hat sich mit einem Buchprojekt bei ›Neustart Kultur‹ beworben – im März erscheint »Philosopher Queens« in deutscher Übersetzung. Verleger Peter Reichenbach über das Wie und Warum. 

Wir veröffentlichen bei mairisch Bücher, die uns am Herzen liegen – und das sind nicht selten Titel zu ­Nischenthemen und Debüts. Für unsere Publikationen ist die aktive Empfehlung der Buchhändler*innen und das Entdecken in der Buchhandlung besonders wichtig. Beides ist wegen ­Corona gerade stark eingeschränkt. Wie wird sich unser Frühjahrs­programm verkaufen? In der Pandemie sind solche Prognosen noch schwerer zu treffen als ohnehin schon. Die Aussicht auf Förderung durch das Programm »Neustart Kultur« hat mir bei der Planung sehr geholfen. 

Wir haben 7 038,50 Euro für Produktion und Druck des Buchs »Philosopher Queens« beantragt, das von Hypatia bis Angela Davis 20 herausragende Philosophinnen vorstellt, also explizit keine männlichen Philosophen. Hier gibt es eine riesige Wissenslücke, die unbedingt geschlossen werden sollte. 

Das Antragsprozedere war gut zu bewältigen, davor braucht man sich nicht zu fürchten. Mir hat vor allem das Webinar des Börsenvereins geholfen, das auch jetzt noch abrufbar ist. Alle meine Fragen wurden dort beantwortet, für Unklarheiten, die sich später im Prozess ergeben haben, gab es telefonische Hilfe. Später wurden die Förderrichtlinien ja dahingehend ge­ändert, dass auch interne Leistungen wie Lektorat und Korrektorat förderfähig sind – mein Antrag wurde schnell und unkompliziert angepasst. Das Einzige, was ich mir anders gewünscht hätte, ist eine schnellere Benachrichtigung, ob es mit der Förderung klappt: Ich habe meine Bewerbung Anfang September 2020 eingereicht, der Bescheid kam Mitte Januar.
 

Die Förderung hilft nicht nur einem Titel, sondern dem ganzen Programm.

Peter Reichenbach

Mischkalkulation

Ob wir die Philosophinnen auch ohne Förderung gebracht hätten? Ich bin unsicher. Vor allem bei Übersetzungen fällt die Entscheidung oft schwer, weil die Initialkosten so hoch sind. Die »Neustart Kultur«-Förderung hat hier sehr geholfen – und zwar nicht nur dem geförderten Buch, sondern dem kompletten Programm. Schließlich kann ich dank der Förderung auch bei anderen Titeln mutiger sein. 

»Neustart Kultur« fördert Druck- und Produktionskosten, und dafür werden wir das erhaltene Fördergeld auch verwenden. Aber natürlich ist das Verlagsgeschäft immer eine Mischkalkulation. Wenn ich Druckkosten zu Teilen gefördert bekomme, fällt es mir leichter, eine Übersetzung überhaupt ins Programm zu nehmen. Überhaupt wird oft vergessen, dass bei der Veröffentlichung die Autor*innen, Übersetzer*innen, Grafiker*innen, Druckereien und alle anderen profitieren, die an der Entstehung des Titels beteiligt sind. Eine Verlagsförderung fördert immer die gesamte Buchproduktionskette und damit die gesamte Buchbranche.

Der mairisch Verlag ist bisher gut durch die Corona-Krise ­gekommen. Mich begeistert immer noch der Aufwand, den die Buchhandlungen betreiben, um weiterhin Bücher zu ­empfehlen. Exemplarisch kann ich das jeden Tag am Beispiel der Buchhandlung Lüders beobachten, die nur eine Straße von unserem Büro entfernt liegt. Ich glaube, es ist genau dieses Engagement, das Leser*innen weiter Bücher finden und kaufen lässt. 

Dass beim Börsenverein bisher verhältnismäßig wenig För­der­anträge eingegangen sein sollen, kann ich mir nicht erklären. Der Aufwand ist überschaubar, und es muss auch nicht die volle Fördersumme von 10 000 Euro beantragt werden, sodass auch kleine Buchprojekte gefördert werden können. Noch bis zum 30. April können Anträge beim Börsenverein einge­reicht werden; die Frist für die Durchführung der geförderten Maßnahme läuft bis zum 31. Oktober.