Hugo Setzer zieht Bilanz als IPA-Präsident

„Kein Verlag allein, egal wie groß, könnte diese Wirkung erzielen“

4. Dezember 2020
Redaktion Börsenblatt

Zwei Jahre lang stand Hugo Setzer, CEO des mexikanischen Verlags Manual Moderno, an der Spitze der International Publishers Association. Wie er diese Zeit und vor allem das Pandemiejahr 2020 erlebt hat: Das können Sie in diesem Rückblick nachlesen - neben klaren Worten zum Urheberrecht.

„Die großen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts werden globaler Natur sein. [...] Die gesamte Menschheit stellt heute eine einzige Zivilisation dar, in der alle Menschen gemeinsame Herausforderungen und Möglichkeiten haben.“

Yuval Noah Harari in seinem Buch “21 Lessons for the 21st Century”.

Yuval Noah Hararis Theorie hätte sich nicht auf dramatischere Weise beweisen lassen als mit einer Pandemie, die uns auf der ganzen Welt herausgefordert und auf eine Prüfung gestellt hat - unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit, Kultur, Wirtschaft oder religiösen Überzeugungen.

Eine wichtige Lehre aus den vergangenen zwei Jahren als IPA-Präsident ist die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit. Die IPA engagiert sich seit 125 Jahren in diesem Bereich (2021 ist unser Jubiläum!), aber die Pandemie hat den Gedanken des Zusammenhalts noch verstärkt. Die Reaktion der Verleger*innen und unserer Partner, u.a. der Autor*innen und Buchhändler*innen, war ergreifend.

Eine wichtige Lehre aus den vergangenen zwei Jahren als IPA-Präsident ist die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit.

Hugo Setzer, scheidender IPA-Präsident

Zusammenarbeit ist wichtig, nicht nur zwischen Verleger*innen aus der ganzen Welt, sondern auch mit anderen wesentlichen Partnern. Ich sagte im April, am Anfang der Pandemie, dass ich überzeugt bin, dass wir gemeinsam mit Autor*innen, Buchhändler*innen und anderen Partnern diese Krise überwinden werden können. Und ich bin immer noch sicher, dass wir es gemeinsam schaffen werden.

Aber warum bemühen wir uns so sehr um den Erhalt einer Organisation wie IPA? Wir tun es, weil wir, wenn wir vereint sind, in der Lage sind, mit einer einheitlichen Stimme zu sprechen, die laut und deutlich von allen möglichen nationalen und internationalen politischen Entscheidungsträgern und Gesetzgebern gehört wird. Kein Verlag allein, egal wie groß, könnte diese Wirkung erzielen, um die Interessen der Verleger weltweit zu vertreten und zu verteidigen.

Dies ist möglich dank eines sehr engagierten und effizienten Teams in unserem Genfer Büro, aber auch dank der Arbeit so vieler Verleger aus verschiedenen Ländern, die von der Mission der IPA überzeugt sind (wie zum Beispiel Joachim Kaufmann von Carlsen, der als sehr engagiertes Mitglied unseres Exekutives Komitee und Vorsitzender des Mitgliederausschusses wirkt und auch Jessica Sänger, die als Vorsitzende unseres Urheberrechtsausschusses eine sehr wertvolle Arbeit leistet).  Ein Teil dessen, was die IPA als internationale Vereinigung zu etwas Besonderem macht, ist die Vielfalt unserer Mitglieder und ihre gute Zusammenarbeit.

Die Pandemie hat Unternehmen auf der ganzen Welt auf unterschiedliche Weise betroffen. Sie diente einigen auch als Vorwand, um ihre eigenen Interessen voranzubringen.

Hugo Setzer

Das Urheberrecht ist das grundlegende wirtschaftliche Modell, um Schöpfern und Verlegern einen Wert zurückzugeben und so die Schaffung und Verbreitung von Ideen und Informationen zu fördern. Aber dieses Modell wird heutzutage angegriffen.

Wir alle sind heute mit Ausdrücken wie "Teilen ist gut" und "Information will frei sein" vertraut. Es sind bekannte Ausdrücke und sie scheinen klar und eindeutig zu sein, aber sie verbergen etwas, das viel komplexer und beunruhigender ist.

Das Urheberrecht ist ein Mechanismus, der vor dreihundert Jahren erfunden wurde, um die Arbeit von Schöpfern und Verlegern zu monetarisieren. Ohne das Urheberrecht hätten Schöpfer und Verleger keinen Anreiz, neue Werke zu produzieren. Der Grundgedanke des Urheberrechts ist keineswegs veraltet oder überholt, wie manchmal behauptet wird.

Das Urheberrecht hat im Gegenteil eine Welt ermöglicht, in der jedes Jahr Millionen von Wörtern, Bildern, Musik und anderen kreativen Ausdrucksformen produziert werden. Aber die Unternehmen, die heute das Urheberrecht bedrohen, die größten und reichsten Unternehmen in der Geschichte der Menschheit, handeln mit einem ganz anderen Geschäftsmodell. Eines, das sich von freien Inhalten ernährt, die von anderen geschaffen wurden.

Die IPA hat es verhindert, dass dies noch schlimmer wird, indem sie aktiv mit politischen Entscheidungsträgern auf der ganzen Welt zusammenarbeitet, um ihnen den Wert des Urheberrechtsrahmens zu erklären. Und wir werden dies auch weiterhin tun.

Aber welcher Wert hat der beste Urheberrechtsschutz, wenn wir nicht die Freiheit haben, die Werke zu veröffentlichen, die wir für angemessen halten? Wenn ein Verleger*in wegen der von ihm veröffentlichten Werke belästigt, eingeschüchtert, bedroht oder ins Gefängnis geworfen wird? Leider nimmt die Zensur überall auf der Welt zu.

Aus diesem Grund hat die IPA einen Prix Voltaire. Um bemerkenswerte und inspirierende Verleger*innen zu ehren, die bereit sind, Risiken einzugehen, um Bücher zu verbreiten, die sie als wertvoll für die Leser erachten. Um den Mut von Verlegern*innen anzuerkennen, die sich außergewöhnlichen Härten stellen. Ich persönlich bewundere alle Empfänger des Prix Voltaire. Sie sind eine Inspiration für uns alle.

Die IPA wird weiterhin mutige Verleger*innen auf der ganzen Welt verteidigen, die ihre Mission auch unter manchmal außerordentlich schwierigen Umständen fortsetzen.

Hugo Setzer

Wenn ich auf ein Jahr Pandemie zurückblicke, kann ich sagen, dass die Verleger*innen sich als widerstandsfähig und innovativ erwiesen haben, wenn es darum ging, auf Veränderungen zu reagieren. Wir waren innovativ und haben neue Wege gefunden, Bücher zu Lesern, Lehrern und Schülern zu bringen. Wir sind großzügige und verantwortungsbewusste Bürger gewesen und haben oft Bildungs- oder wissenschaftliche Ressourcen kostenlos zur Verfügung gestellt.

Verlagswesen ist ein langfristiges Geschäft. Das sollten wir nicht vergessen. Wir werden diese Krise gemeinsam überwinden. Dessen bin ich mir sicher. Wir spielen eine so wichtige Rolle in der Gesellschaft. Wir unterhalten mit erlebnisreichen Geschichten, wir helfen bei der Erziehung unserer Kinder, wir stellen kuratierte wissenschaftliche Informationen für den Fortschritt der Menschheit zur Verfügung.

Ich bin stolz auf den Einfallsreichtum unserer Industrie, auf die Energie, die wir finden, um nach neuen Wegen zu suchen, mehr Menschen mehr Bücher zu bringen, auf die Art und Weise, wie wir unsere Rolle in der Unterstützung der Gesellschaft wahrnehmen. Der Wert des Verlagswesens ist noch deutlicher geworden.

Der Schriftsteller und Dichter Hermann Hesse hat in seinem weniger bekannten Werk "Die Magie des Buches" folgendes geschrieben:

„Ohne Wort, ohne Schrift und Bücher gibt es keine Geschichte, gibt es nicht den Begriff der Menschheit.“

Mit den von uns veröffentlichten Büchern tragen wir dazu bei, eine bessere Welt zu schaffen. Seien wir stolz auf unseren Beruf.