Sie veröffentlichen im Querverlag nun seit den 90er Jahren queere, beziehungsweise schwule und lesbische Literatur. Jetzt haben Sie den Deutschen Verlagspreis gewonnen. Was bedeutet die Auszeichnung für Sie?
Über die Auszeichnung haben wir uns natürlich riesig gefreut, bedeutet sie ja in erster Linie Anerkennung für unsere Autor:innen, deren Themen und Titel. Gerade in der Zeit, in der es noch schwieriger geworden ist, Aufmerksamkeit für das Programm zu erzeugen, kommt die Auszeichnung wie gerufen!
Haben Sie schon was Konkretes mit dem Preisgeld vor?
Auf jeden Fall! Wir werden vor allem das Geld in neue Projekte stecken, z.B. arbeiten wir zurzeit an einer neuen Essay-Reihe sowie an unserer ersten Anthologie mit queerer Lyrik. Darüber hinaus wollen wir einige längst überfällige Neuauflagen finanzieren, sowie unseren Autor:innen endlich bessere Vorschüsse zahlen.
Was wünschen Sie sich von Buchhandlungen, Literaturhäusern, Literaturkritiker*innen für Ihr und andere queere Programm/e?
Mehr Offenheit und Neugierde. Von queeren Menschen (sowie eigentlich von allen Minderheiten) wird gerne erwartet, dass wir uns sofort und gern in die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft hineinversetzen, doch allzu häufig höre ich bei unseren Titeln: „Ist aber Nischenliteratur. Hat nichts mit mir zu tun.“
Wo sehen Sie den größten Bedarf? Was muss gemacht werden, um LGTBQ+-Personen mehr Sichtbarkeit innerhalb der Buchbranche, nach innen und nach außen, einzuräumen?
Seit 25 Jahren (und hoffentlich in diesem Oktober wieder) veranstalten wir am Messedonnerstag in Frankfurt den lesbisch-schwulen Sektempfang. Also über Sichtbarkeit in der Branche können wir uns nicht beklagen. Die Herausforderung ist viel mehr der Kampf um Sichtbarkeit im Buchhandel. Aber das ist ein allgemeines Problem, das alle Kleinverlage – mit welcher Zielgruppe auch immer – gegenüber den Großen haben und hat meiner Meinung nach nur bedingt etwas mit LGBTIQ zu tun. Aber zumindest zu bestimmten Anlässen wie z.B. Pride-Monat im Juni, CSD-Veranstaltungen, Tag lesbischer Sichtbarkeit, IDAHOT (Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie) wären Büchertische oder Schaufensteraktionen in engagierten Buchläden schon klasse.
Sie sind ja nun schon lange im Geschäft. Diversität ist mittlerweile in aller Munde. Was hat sich in den letzten 25 Jahren aus Ihrer Sicht für queere Literatur und queere Personen in der Branche bereits getan?
Auf der einen Seite viel, auf der anderen Seite erschreckend wenig. Einerseits müssen wir erfreulicherweise nicht mehr so viel Aufklärungsarbeit leisten, wenn es darum geht, andere von unseren Titeln, Themen und Autor:innen zu überzeugen. Andererseits bekommt man auch 2021 noch Fragen gestellt wie „Braucht man heutzutage so was wie einen LGBT-Verlag überhaupt noch? Sind wir nicht längst weiter? Ihr dürft ja heiraten. Ihr habt doch alles erreicht. Ist mal gut.“ Immerhin ist in den letzten Jahren ein weiterer Aspekt zu unserem Selbstverständnis als Nischenverlag hinzugekommen: die trans-Community, die es damals bei der Gründung 1995 in der Form so nicht gab. Eine sehr erfreuliche und gesellschaftspolitische Entwicklung, wie wir finden.