Deutscher Verlagspreis (1): audiolino

Hörbücher mit Dramaturgie: Aufwendig, anstrengend - aber so lohnend!

2. Oktober 2024
Sabine van Endert

Rainer Gussek ist Hörspielautor und -regisseur, 2004 hat er seinen Hörbuchverlag audiolino gegründet - für den er jetzt mit dem Deutschen Verlagspreis ausgezeichnet wurde. Gussek feiert bei audiolino die Kunstform Hörbuch. Und dazu gehört für ihn das intensive Zusammenspiel von Text, Sprecher und Regisseur.

Rainer Gussek, audiolino-Gründer

Rainer Gussek, audiolino-Gründer

In 3 Sätzen: Was ist das Besondere am audiolino-Programm?

Die Mischung aus gesellschaftlich relevanten Themen mit dem Aspekt der guten Unterhaltung. Die "Auf-den-Punkt"-Besetzung der Hörbücher mit den richtigen, authentischen Sprecher:innen. Die intensive dramaturgische Begleitung und Regie der Hörbuch-Aufnahmen: aufwendig, anstrengend - aber so lohnend.

2004 gegründet, 10 bis 15 Produktionen pro Jahr: Wie viele Titel sind lieferbar? Und auf welche sind Sie besonders stolz?

Es sind gut 300 Hörbücher lieferbar, darunter aber auch Restauflagen, die digital noch gute Umsätze erwirtschaften. Besonders stolz bin ich z.B. auf die Produktion "Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein" (2020),  ein Hörbuch über Depressionen, bei dem es unheimlich wichtig war, das Visuelle des Buches in Schriftsatz und Layout auditiv umzusetzen. Die Zerbrechlichkeit, das Ringen um Kleinigkeiten. Es sind dann Nuancen, die die Emotionen auf den Punkt bringen. Das geht nur im intensiven Zusammenspiel von Sprecher und Regisseur.

Was macht beim Hörbuch-Verlegen am meisten Spaß?

Das nächste Hörbuch. Sprich: Die Druckfahnen der kommenden Verlagsprogramme, das Eintauchen in die Stoffe und Ertasten, ob und wie sich die Inhalte als Hörbuch umsetzen lassen könnten (und ob es sich überhaupt lohnt).

Erscheinen alle audiolino-Hörbücher immer noch auch auf CD?

Ja. Interessierte Kunden sollen in jede Buchhandlung gehen können, um sich das Hörbuch zu bestellen. Auch wenn es für uns in der Kalkulation manchmal schon sehr eng wird ...

BookBeat, Audible, eigener Downloadshop, Buchhandel etc. – was sind Ihre Hauptvertriebswege? 

Durchaus der Buchhandel, auch wenn es dort für das Hörbuch nur noch wenig Präsenz vor Ort gibt. Daneben Audible für zumeist anspruchsvollere Texte, aber auch Streaming-Portale, über die wir gut ein Viertel unseres Umsatzes erlösen. 

Wie oft müssen Sie ein Hörbuch verkaufen, damit es sich rechnet?

Wenn ich nur Hörbücher produzieren würde, die sich rechnen, gäbe es auch bei uns nur noch Krimis und Schmonzetten: Möglichst lang, möglichst viel Herzschmerz, möglichst billig "vorgelesen", möglichst viele "Klicks" erzeugen. Es ist bei uns die Mischung verschiedenster Themen, zu denen sich dann auch häufig überraschend viele Hörbuch-Fans finden - und das darf auch anspruchsvoll und anstrengend sein. Wir könnten natürlich ebenso "mainstream" für Autofahrten und die Einschlafzeit produzieren, aber dann täten es Konserven mit Sauerkraut auch. Übrigens: Wenn sich bei mir Sprecher bewerben, die auch gerne "vorlesen" würden, geht gleich der Mülleimerdeckel auf. Das Hörbuch ist eine ganz eigene Kunstform, dessen individuelle Feinheiten aber zunehmend im Markt verloren gehen. 

Wie oft hat sich Ihr erfolgreichstes Hörbuch verkauft?

… ist in Zeiten von nicht mehr existierenden CD-Spielern nicht mehr wirklich relevant. 

Wofür verwenden Sie das Preisgeld von 18.000 Euro?

Nicht für teure Lizenzen, die Bieterschlachten hierfür überlassen wir den großen Verlagen. Am ehesten für Möglichkeiten, mit unserem Publikum in Kontakt zu bleiben und die Öffentlichkeitsarbeit auszubauen. Vielleicht ließe sich das mal für einen vorab definierten Zeitraum ausprobieren. 

Wo finden wir audiolino auf der Frankfurter Buchmesse?

Hinter Buchdeckeln und im Gespräch Autoren und Verlagen.