Kinder- und Jugendbuch

Ein Eisbär liest vor

5. Mai 2021
von Stefan Hauck

Ravensburger bringt Bilderbücher zum Sprechen. Bei jedem Umblättern liest Eisbär Sami vor, das Tempo bestimmen die Kinder selbst. 

Mithilfe von Kontaktpunkten im Papier haben bereits tiptoi, Bookii und LeYo! Bücher zum Sprechen gebracht. Ravensburger perfektioniert das Prinzip jetzt mit einem Eisbären: Die 13 Zentimeter große Kunststoff­figur heißt Sami und wird einfach am Pappdeckel der Buchrückseite aufgesteckt. Da klemmt er so fest, dass ihn ein Kind auch beim Herumtragen des Buchs nicht verlieren kann. 

Wer an dieser Andockstelle die Kontaktpunkte vermutet, liegt allerdings falsch. Bei einem Sami-Buch ist nämlich im oberen Bereich jeder rechten Buchseite ein Code eingedruckt. Wenn man sich Sami genauer anschaut, entdeckt man in der kleinen Tasse in seiner Hand eine eingebaute, geschützte Kamera: Ihr Sensor entschlüsselt den Code der jeweiligen Seite – und der Eisbär beginnt zu sprechen. 

Noch mal!

»Die Idee, lineare Erzähl­inhalte eines Bilderbuchs erlebbar und hörbar zu machen, gab es bei uns schon länger«, berichtet Friederike Eickhoff, Redaktionsleiterin Bilderbuch & Vorlesen. Kindergartenkinder haben einen großen Geschichten-Hunger und können eine Geschichte immer und immer wieder hören. »Aber leider findet im eng getakteten Alltag Vorlesen oft nur abends an der Bettkante statt«, konstatiert Eickhoff. Die Überlegung der Ravensburger: »Was könnte man für die Zwischenzeiten anbieten, in denen kein Erwachsener vorlesen kann?« 

Die Antwort ist der 220 Gramm schwere Eisbär mit einem Anschaltknopf auf dem Kopf und einem Lautsprecher im Rücken, die Lautstärke wird an den Ohren reguliert: leicht zu bedienen. Er funktioniert mit Akkus, die über einen USB-Anschluss in der Eisscholle aufgeladen werden – dort ist auch eine Buchse für Kopfhörer. »Mit Sicherheit werden auf längeren Auto- oder Zugfahrten Kopf­hörer genutzt werden«, so Eickhoff. 

20 Minuten Hörspaß

Sami funktioniert nur in Verbindung mit dem Buch: »Diese feste Einheit war uns wichtig. Anders als bei Hörbüchern geht die Geschichte erst weiter, wenn das Kind genug geschaut und verarbeitet hat – und die Seite umblättert.« Kurzum: Das Kind bestimmt sein Lese- und Hörtempo selbst und taucht durch die Bilder intensiv in die Geschichte ein. 

Am 1. September erscheinen zwei Starter-Sets (Sami plus Bilderbuch) zu 69,99 Euro, dazu zwölf Bilderbücher (die auch ohne Sami gelesen werden können); sechs bis acht Titel sollen pro Halbjahr folgen. Kernzielgruppe sind die Drei- bis Siebenjährigen. Was muss ein Bilderbuch mitbringen, damit es als Sami-Buch taugt? »Die Geschichte soll nicht zu kurz erzählt sein, und auf den Bildern sollte viel zu sehen sein«, erläutert Eickhoff. »Wenn eine Fahrradklingel zu hören ist, suchen die Kinderaugen sofort, wo die Klingel auf dem Bild zu sehen ist.« Die meisten Titel haben 32 Seiten, manche auch 64, daraus ergibt sich ein Hörerlebnis, das zwischen zehn und 20 Minuten dauert. Während die Sami-Stimme immer dieselbe ist, haben die einzelnen Bände unterschiedliche Sprecher*innen. 

Bevor Sami zu sprechen beginnt, muss er entsprechend gefüttert werden: Die Audiodatei zum Buch wird über WLAN in einer guten Minute heruntergeladen und eingespeist. 200 Bücher kann der Eisbär speichern. Zwei Jahre lang wurde das Projekt entwickelt und mit Kindern und Eltern in allen Entwicklungsphasen getestet. Im September wird Sami dann auch in den Buchläden reden – und bestimmt von sich reden machen.