Deutscher Verlagspreis: der akono Verlag

"Die Auszeichnung kam genau zur richtigen Zeit"

17. Oktober 2024
Sabine Cronau

Am Buchmesse-Mittwoch ist der Deutsche Verlagspreis in Frankfurt vergeben worden. Zu den drei frisch gekürten Spitzenpreisträgern gehört der akono Verlag aus Leipzig. Was sich Verlegerin Jona Krützfeld von den 50.000 Euro gönnt? Lesen Sie selbst.

Jona Krützfeld

Jona Elisa Krützfeld kennen manche in der Branche aus dem Berliner Büro des Börsenvereins - wo sie zusammen mit Martin Schult die jährliche Friedenspreisverleihung organisiert. Doch darüber hinaus betreibt sie auch seit vier Jahren den akono Verlag in Leipzig, der ein Buchprogramm und ein Onlinemagazin herausgibt.

Termintipp: Die beiden Verlage akono und InterKontinental stellen sich, ihre Bücher und Autor:innen an diesem Messe-Donnerstag (17. Oktober) um 20 Uhr
in der Katharinenkirche an der Frankfurter Hauptwache vor.

50.000 Euro für den Verlag. Was macht akono mit dem Preisgeldsegen?

Jona Krützfeld: Weiterhin für die strukturelle Verlagsförderung tanzen, statt beten. Und dann gönnt akono sich endlich, endlich eine Steuerberatung (lacht). Natürlich habe ich gleich Buchprojekte im Kopf, die jetzt realisierbar sind, aber vor allem ist das Preisgeld eine wahnsinnig große Hilfe für Investitionen in den Vertrieb, für Professionalisierung überhaupt. Vielleicht mache ich sogar eine Scouting-Reise. Ich verdaue jetzt erst einmal diese tolle Überraschung und mache mit kühlerem Kopf nach der Messe Pläne.

In drei Sätzen auf den Punkt gebracht: Was macht das Verlagsprogramm von akono preiswürdig? Anders formuliert: Was hat aus Ihrer Sicht den Ausschlag für die Auszeichnung gegeben?

Jona Krützfeld: akono ist ein junger Indieverlag aus Leipzig, der zeitgenössische Prosa und Lyrik aus afrikanischen Ländern und der Diaspora verlegt. akono publiziert Romane, Kurzgeschichten und Gedichte und gibt Schreibenden ein literarisches Zuhause, die in ihren Werken aus afrikanischen Erzähltraditionen schöpfen, die Geschichte von afrikanischen Ländern neu erzählen, oder einfach nur gute Texte schreiben – ohne Ideen von Afrika repräsentieren zu müssen. Die Auswahl der Autor:innen, Verlagsphilosophie und -praxis haben die Jury offensichtlich überzeugt, was mich sehr freut.

Es gibt tausend Gründe, diese Werke zu lieben, aber man muss sie halt auch im Buchladen finden können. 

Jona Krützfeld, akono-Verlegerin

Woher kommt Ihre Liebe zur Literatur vom afrikanischen Kontinent?

Jona Krützfeld: Durch die Begegnung damit. Ich hatte das Glück, in meiner Jugend zum Beispiel in südafrikanischen, simbabwischen, tansanischen und britischen Buchhandlungen zu sein, wo ich auf eine Fülle an Werken gestoßen bin, die es hier nicht gab und gibt. Und ich konnte auf dem afrikanischen Kontinent viele Freundschaften schließen, Gespräche führen und Geschichten hören. So kam mir irgendwann die Idee, einen kleinen Buchverlag zu gründen.

Ich liebe nicht nur Literatur vom afrikanischen Kontinent - mir fiel jedoch auf, dass auf ästhetischer, kultureller Ebene bei weitem nicht genug in Deutschland ankommt und gewürdigt wird. Und wir haben alle eine gemeinsame Geschichte, daher wollte ich das Gespräch bereichern, indem ich die Werke afrikanischer Schriftsteller:innen auf den deutschen Buchmarkt bringe. Es gibt tausend Gründe, diese Werke zu lieben, aber man muss sie halt auch im Buchladen finden können. 

akono ist daneben auch Herausgeber eines Onlinemagazins für die Übersetzung und Darstellung der Arbeit von jungen afrikanischen Kreativen. Das Kulturmagazin zeigt ihre Perspektiven, Stile und Geschichten und würdigt die ästhetischen Ausdrucksformen globaler afrikanischer Kreativität nicht nur im Bereich der Literatur, sondern auch in Fotografie, Mode, Design, Musik und Film.

Ist die Literatur des Kontinents für das deutschen Lesepublikum nach wie vor Terra inkognita?

Jona Krützfeld: Nein, das kann man wirklich nicht sagen, da haben viele Autor:innen, Verlage, Übersetzer:innen, Buchhandlungen, Institutionen und engagierte Einzelpersonen in den letzten Jahrzehnten dran mitgewirkt. Aber so bei uns angekommen, wie sie sein sollte, ist sie auch nicht.

Sagen wir mal, es gibt noch Grenzkontrollen verschiedenster Art. Und natürlich gibt es auch einen Wettbewerb der Ideen und Kulturprodukte, in dem sich diese Werke erst einmal Gehör verschaffen müssen.

Der afrikanische Kontinent hat so viel Geschichte, über die wir in der Schule nichts gelernt haben.

Jona Krützfeld, akono-Verlegerin

Welche Bücher dürfen ins Verlagsprogramm?

Jona Krützfeld: Historische Romane, denn die sollen in den Literaturkanon eingehen und verbreiten Wissen. Der afrikanische Kontinent hat so viel Geschichte, über die wir in der Schule nichts gelernt haben.

Max Lobes „Vertraulichkeiten“ zum Beispiel beschäftigt sich mit dem Unabhängigkeitskrieg der ehemaligen deutschen Kolonie Kamerun, erzählt aus der Perspektive einer wahnsinnig charismatischen Zeitzeugin, sprachlich und inhaltlich hochspannend!

Außerdem Lyrik der verschiedensten Arten, politische Protestlyrik und erotische Lyrik zum Beispiel, wie die fantastischen Gedichte „Die Jesusthese“ von Kopano Maroga. Kurzgeschichten sind sehr gern gesehen, da würde ich gerne noch weitere Sammlungen herausgeben. Und empowernde Werke für die afrodeutschen Communities sind auch willkommen, wie zum Beispiel der Titel „Look at Us“ von Teresa Awa, Tabea Erhart, Mawuto Dotou und Sheeko Ismael. Dieses Jahr erscheint auch der erste Krimi.

Der aktuelle Bestseller bei akono?

Jona Krützfeld: Ganz aktuell ist das „Freiheit in Briefen“, ein Briefwechsel zwischen der eriteischen Autorin Yirgalem Fisseha Mebrahtu und der deutschen Schriftstellerin Tanja Kinkel, der in Zusammenarbeit mit PEN Deutschland entstanden ist.

Darin teilen zwei außergewöhnliche Frauen ihre Erfahrungen über das Schreiben in unterschiedlichen Welten, über Sprache und das Nicht-Sprechen-Können, über Heimat und Exil.

Gibt es Buchhandlungen, die Verlage wie akono gezielt unterstützen? Kurzum: Wer sind Ihre besten Kunden?

Jona Krützfeld: Da akono auf einem riesigen Buchmarkt wie dem deutschen echt ein kleiner Player ist und das Werbebudget klein, läuft das ehrlich gesagt am besten über das persönliche Gespräch.

Inhaltlich sind eigentlich alle Buchhandlungen erst einmal sehr offen, aber natürlich muss auch an Fakturierung, Rabatte und Auslieferung gedacht werden. akono hat natürlich eine Auslieferung, aber bisher noch keine Vertreter*innen. (Meist) kleine Buchhandlungen mit einem Blick für das Internationale und das Interessante sind die besten Kundinnen.

Es gibt so viele Kolleg:innen, die in der Verlagsbranche Arbeit machen, die pures Gold wert ist.

Jona Krützfeld, akono-Verlegerin

Kleine Verlage haben es nicht leicht. Ist der Preis auch eine Ermutigung zum Durchhalten und Weitermachen?

Jona Krützfeld: Ja, und er kam genau zur rechten Zeit. Gerne mehr davon! Es gibt so viele Kolleg:innen, die in der Verlagsbranche Arbeit machen, die pures Gold wert ist.