Ich könnte meiner Arbeit nicht nachgehen, wenn ich keine dahingehende Hoffnung hätte. Aber ich habe schon zu viel erlebt — und nicht zuletzt auch viel Gleiches, sich Wiederholendes —, um zu meinen, es würde diesmal einfach werden. Und, ja, die Komplexität steht einem schnellen Erfolg entgegen. Andererseits hilft unsere Studie ja gerade bei der Orientierung, indem sie gliedert, erläutert und einordnet.
Ein Blick auf die politische Gemengelage offenbart allerdings, dass wir bei diesem Thema ganz andere Konstellationen haben als je zuvor. Unter allen Rechteinhabern gibt es eine bemerkenswerte Einigkeit, und große Teile der Datenschutz-, Wettbewerbsrechts- und Netzpolitik-Szene stimmen mit ganz wesentlichen Teilen unserer Bestandsaufnahmen überein.
Die Initiative Urheberrecht hat sich bereits im Frühjahr 2023 sehr konkret zu Fragen der Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und insbesondere auch zu Monopolisierungstendenzen geäußert, und ich weise in meinen Vorträgen immer wieder auf die Überwachungspotenziale hin, die dieser Technologie eingeboren sind - und die vollumfänglich in der Hand privatwirtschaftlicher Konzerne liegen …
Was mir in der ganzen Debatte komplett fehlt, ist der Blick auf die volkswirtschaftlichen Effekte der aktuellen Situation. Eine Handvoll Konzerne aus den USA und China hat sich das gesamte digital verfügbare Weltwissen einverleibt, ohne Zustimmung, ohne Vergütung und ausdrücklich ohne Transparenz über die Provenienz der Trainingsdaten. Da stecken nun also neben den personenbezogenen Daten ausnahmslos aller Bürger:innen auch die geschützten Werke und Leistungen ausnahmslos aller schöpferisch Tätigen drin.
Die sind für die meisten von uns die einzige wirtschaftliche Lebensgrundlage. Ich als Komponist finde im Arbeitsrecht nicht statt — ich lebe vom und im Urheberrecht. Ähnliches gilt für Schriftsteller:innen, Drehbuchautor:innen und die bereits erwähnten Fotograf:innen.
Wir erleben hier kein Wegbrechen einer Nachfrage, sondern viel mehr und ganz offensichtlich eine 100%-Nachfrage nach sämtlichem online verfügbarem Repertoire. Unvergütet und wie es aussieht mit staatlicher Duldung.
Nun gehören Kultur, Kulturwirtschaft und Medien aber zu den drei größten Teilbrachen der europäischen Volkswirtschaft, und so gut wie nichts, was in ihnen umgesetzt wird, wäre möglich, ohne unser Repertoire als Ausgangspunkt jeder Wertschöpfung. Vor diesem Hintergrund schickt die KI sich nun an, uns im eigenen Erwerbsmarkt zu substituieren. Die dabei erfolgende Wertschöpfung aber fließt ab: in die USA, nach China, in andere Volkswirtschaften.
Selbst Menschen, die keine Bücher lesen und nie ins Konzert gehen, müssen erkennen, dass das nicht gutgehen kann.
Ihrem Wunsch sind wir gern nachgekommen.
Herzliche Grüße!