New Adult

"Das sieht doch alles gleich aus?!"

8. November 2024
Redaktion Börsenblatt

Von Communities, Mental Health und Farbschnitten: Beim diesjährigen Tag der Verlage wurden viele Facetten von New-Adult-Büchern diskutiert. Organisiert wurde er von Studierenden der HTWK Leipzig – und erstmals auch als Livestream übertragen.

Bücher mit Farbschnitt

Bücher mit Farbschnitt

New Adult: mehr als ein Genre – oder gar kein Genre?

Es sei das Traumpanel der Studierenden, sagte Moderatorin Lilly Stoffregen: Unter dem Motto "#NewAdult – So viel mehr als nur ein Genre" wurde am 7. November in Leipzig angeregt über das Genre New Adult diskutiert – unter anderem auch darüber, ob es überhaupt ein Genre ist. Stephanie Bubley (Lyx) und Autorin Bianca Iosivoni waren sich einig: Der Terminus beschreibt sowohl eine altersmäßig definierte Zielgruppe als auch eine Form der Unterhaltungsliteratur, der sich wiederum verschiedene Genres wie Romance und Romantasy zuordnen lassen. Auch Christoph Strauß (Bücherbüchse) sieht die Zielgruppe im Vordergrund: Zumeist läsen junge Frauen diese Titel, wobei er auch Überraschungen erlebe – beispielsweise, als eine ältere Frau je zwei Exemplare der aufwendig gestalteten Publikationen der Bücherbüchse kaufte – je eines für den Eigenbedarf, das andere, um damit eine Bibliothek der Bundeswehr auszustatten ...

Community, BookTok und die Messe als Ort der Begegnung

Im Mittelpunkt stünde dennoch ein junges und vor allem in den sozialen Medien aktives Publikum. Eingehend erörtert wurde der Community-Aspekt, da er maßgeblich zur Popularität von New-Adult-Titeln beitrage. Dabei spielt nicht nur der digitale Austausch eine Rolle, sondern auch der reale: Auf der Frankfurter Buchmesse konnten die Panel-Teilnehmer:innen beobachten, wie Gespräche und Freundschaften unter Leser:innen entstanden, die durch die Bücher ein gemeinsames Interesse teilen.

Auch auf die Wünsche der Community einzugehen, sei zentral – weshalb der Lyx Verlag als Reaktion auf den Trend zu englischsprachigen New-Adult-Büchern seine english edition eingeführt habe, erläuterte Bubley. Das sei auf Rechteebene oft gar nicht so einfach; hinzu komme die Schwierigkeit, dass die meisten dieser Bücher zusätzlich in einem britischen und US-Verlag ein Zuhause haben.

Was New Adult bietet

Die Diskutierenden plädierten für ein Ende des Literatursnobismus, dem es geschuldet sei, dass New Adult oft von oben herab betrachtet und als "keine richtige Literatur" abgestempelt würde, sodass manche Leser:innen Scham empfänden, wenn sie offen zu ihren Lesevorlieben stehen. Die Stärke von New Adult liege darin, den jungen Leser:innen Geschichten zu bieten, in denen sie sich wiederfinden können, da Themen wie Selbstfindung und Mental Health in diesen verhandelt würden. Zum anderen könnten sie aber auch Rückzugs- und Sehnsuchtsorte schaffen, die für Leser:innen in den aktuell schwierigen politischen Zeiten eine willkommene Abwechslung zur Realität darstellten.

Farbschnitte als Standard-Ausstattung

Ein immer wiederkehrendes Thema beim Tag der Verlage waren Farbschnitte. Christoph Strauß vermutete, dass diese auch in Zukunft die maßgebliche Standard-Ausstattung sein werden, die in der Buchhandlung dafür sorgen werde, dass ein Buch sich abhebe und für Aufmerksamkeit sorge. Frederick Wrensch von der Braunschweiger Buchhandlung Graff bestätigte, dass bei Büchern, die Graff sowohl mit als auch ohne Farbschnitt anbiete, die Verkaufszahlen etwa 80 % zu 20 % zugunsten der Farbschnitte ausfallen. Sehen diese Bücher nicht irgendwie alle gleich aus? Dem Eindruck vieler Käufer:innen wurde nachgegangen: Einerseits ja, denn die besondere Ausstattung sei ein Markenzeichen von New Adult mit Wiedererkennungswert, anderseits nein, denn es gebe durchaus Unterschiede in der Gestaltung, so Anjes Dachner (Leaf Verlag).

Werden Bücher noch gekauft, um gelesen zu werden?

Im Kontext der oft aufwendigen Ausstattung kam die Frage auf, ob der Inhalt des Buches eigentlich noch ein relevanter Kaufaspekt für die Zielgruppe sei oder nicht vielmehr das Besitzen von Büchern im Vordergrund stehe. Bianca Iosivoni betonte, dass Bücherlesen und Büchersammeln unterschiedliche Hobbys seien. Stephanie Bubley hingegen zeigte auf, dass auch Bücher ohne Farbschnitt & Co. bei Lyx zu Bestsellern werden, wenn genug Leser:innen vom Inhalt begeistert seien und diese Begeisterung wiederum mit anderen teilten.

Erweiterung der Inhalte

Mit Blick in die Zukunft wurde diskutiert, ob Verlage zunehmend für bestimmte Bücher, vor allem Dark-Romance-Titel, Altersempfehlungen bzw. -beschränkungen einführen sollten. Dabei sei es allerdings schwierig, den Verkauf an bestimmte Altersgruppen zu kontrollieren - und teilweise steigere ein "Frei ab 18 Jahren" für Jugendliche erst recht den Anreiz, ein solches Buch zu kaufen. Bianca Iosivoni vermutete, dass weitere Subgenres im New-Adult-Bereich entstehen werden – so kann sie sich historische Romane oder Cosy Crime im New-Adult-Kontext vorstellen. Die Zielgruppe werde mitwachsen, meinte Christoph Strauß; er kenne Leser:innen, die ihm deutlich gemacht hätten: Was ihnen heute gefällt, werden sie auch in zehn Jahren noch lesen wollen.