Wie bei so vielen, die nach dem Ende des 2. Weltkriegs an der Schwelle zum Erwerbsleben standen, ergab sich für Christian Stottele kein Hochschulstudium, sondern eine Lehre als Verlagsbuchhändler. Als solcher wirkte er bereits Anfang der 50-er Jahre im damaligen Otto Maier Verlag, verließ aber "Ende 1955 den Verlag, um in der Arbeit bei anderen Verlagen weitere Erfahrungen zu sammeln" ("Festschrift 1883 – 1983: Hundert Jahre Otto Maier Verlag Ravensburg"). 1962 wurde er, damals beim Westermann Verlag beschäftigt, nach Ravensburg zurückgeworben, um dort etwas völlig Neues aufzubauen: ein Taschenbuch-Programm für Kinder. Im Buchmarkt waren die großen Zeiten des Taschenbuchs angebrochen, und bevor dtv-junior, Rowohlt-Rotfuchs und später viele weitere Reihen gegründet wurden, entstand mit den Ravensburger Taschenbüchern ein umfangreiches und vielfältiges Programm für Kinder und Jugendliche, für lange Zeit das führende und größte. Nach diesem sehr erfolgreichen Start wurde Christian Stottele mit immer weiteren Aufgaben betraut und schließlich 1968 Verlagsleiter für den Jugendbuchverlag.
Er hat es verstanden, hochqualifizierte und engagierte Köpfe in den Verlag zu holen: Hans-Christian Kirsch und Herbert Günther, Herausgeber und Lektor der Ravensburger Jungen Reihe; Bertrun Jeitner-Hartmann, Spezialistin für alle Arten von Kreativbüchern; Elisabeth Raabe und Regina Vitali, die späteren Arche-Verlegerinnen; Friedbert Stohner, der dann das Kinderbuchprogramm bei Hanser aufgebaut hat; Uwe-Michael Gutzschhahn, inzwischen preisgekrönter Übersetzer; Renate Herre, seit langem Carlsen-Verlegerin; Daniela Filthaut, die heute den Gerstenberg Verlag leitet.
Wer im Ravensburger Buchverlag bei Christian Stottele gearbeitet hat, konnte in einer lebendigen, weltoffenen und dynamischen Umgebung eine Menge lernen. Der langjährige Lizenzchef des Buchverlags, Frank Jacoby-Nelson, hat den schönen Slogan geprägt: "Our city dates back to the Middle Ages, but our publishing is up to date." Aus mancher Sicht mag Ravensburg als Provinz gelten, aber schon zu Christian Stotteles Zeiten war völlig klar, dass man deshalb keinesfalls ein provinzielles Buchprogramm macht, sondern die schön gelegene und gut ausgestattete Verlagsbasis als Ausgangspunkt für die Erkundung der Buchwelt nutzt. Ravensburger Buchleute waren überall anzutreffen: auf den Buchmessen der Welt, in den Buchhandlungen des Landes, auf den Tagungen der Vermittler, im Austausch mit lesefördernden Lehrer-Organisationen, in den Büros der Kommunikatoren und natürlich an den Schreibtischen der Autoren und in den Ateliers der Illustratoren – jeweils beider Geschlechter, versteht sich.