Oliver Vogel im Interview

"Berlin werden wir ausbauen"

19. Oktober 2022
Torsten Casimir

Das Comeback des Jahres: Oliver Vogel ist zu S. Fischer zurückgekehrt, nun als Verleger. Ein Gespräch über das Zuhören, das Doppelleben der Bücher, die intellektuelle Szene der Hauptstadt, die Differenz zwischen E und U – und über einen bestimmen Ton im Haus.

S. Fischer steht in der Tradition eines anspruchsvollen Autorenverlags. Sie kündigen an, diese Tradition fortsetzen zu wollen. Was konkret meinen Sie damit? 
Oliver Vogel: Das, was den Unterschied macht, ist die Frage, ob man als Verlag Bücher veröffentlicht oder Autorinnen und Autoren. Wir wollen Autorinnen und Autoren veröffentlichen. Der Satz bedeutet viel für mich: Wir hören ihnen zu. Wir hören zu bei dem, was sie vorhaben, was sie bewegt, worüber sie nachdenken, was ihnen auffällt, was sie besorgt, was sie verärgert. Zum anderen hören wir ihnen auch bei allen Fragen zu, die die Verlagsarbeit betreffen, bei Titelsuche, Umschlägen, Vorschauen, Klappen- und U4-Texten. Ich habe den Eindruck, dass die Autorinnen und Autoren auf eine spezielle Art oft sehr gut Bescheid wissen bei dem, was wir gemeinsam tun. 

Worin besteht denn dann noch das spezielle Bescheidwissen des Verlags? 
Vogel: Bücher führen ein geheimnisvolles Doppelleben. In einem wird geschrieben und in einem wird gelesen. Und über letzteres wissen wir im Verlag manchmal besser Bescheid. Das ist ein zulässiges Korrektiv. Ich würde trotzdem immer sagen: Das letzte Wort haben die Urheber. 

Ist dieses Selbstverständnis eines Autorenverlags, wie Sie es beschreiben, bei Fischer noch Konsens? 
Vogel: Ich war 23 Jahre hier. Monika Schoeller war die Eigentümerin und Verlegerin des Hauses. Und für die Verlegerin stand diese Haltung vollkommen fest. Die Autorinnen und Autoren waren das Entscheidende, alles andere war untergeordnet. 

Monika Schoeller ist vor drei Jahren gestorben. Was hat sich nach ihrem Tod im Verlag verändert? 
Vogel: Was sich verändert hat? Dass sie nicht mehr da ist. Und sie fehlt immens. In jeder Hinsicht. Als ich zu Fischer kam, stellte ich als Allererstes fest: Die Leute sind hier freundlich. Man nimmt Rücksicht. Man hört einander zu. Man ist aufmerksam. Man kümmert sich umeinander. Man weiß voneinander. Man fragt nach. Es gibt einen bestimmten Ton im Haus. Und diesen Ton, der eine Wirkung hat auf die Ergebnisse der Arbeit, die wir machen, hat Monika Schoeller gesetzt. 

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