Einzigartige Sammlung erworben

US-Underground-Comics kommen in Leipziger Archiv

21. Dezember 2021
Redaktion Börsenblatt

Ein "Glücksfall": Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek (DBSM) konnte zum Jahreswechsel 2021/22 die Sammlung Armin Abmeier mit US-amerikanischen Underground- und Independent-Comics von seiner Witwe Rotraut Susanne Berner erwerben.

Dieses Konvolut schließe eine Lücke im musealen Bestand, die bereits seit vielen Jahren als Desiderat bekannt ist, teilt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum mit. Da im Bereich der frühen Künstlercomics nur selten größere Konvolute auf den Markt kommen, könne es als Glücksfall angesehen werden, dass – auch dank des großzügigen Entgegenkommens der Eigentümerin – die Erwerbung der einzigartigen Sammlung durch das DBSM möglich wurde.

Die von Armin Abmeier (1940–2012), einem "Überzeugungstäter" (Andreas Platthaus) und "Büchernarren" (Michael Krüger), über Jahrzehnte zusammengetragene Sammlung umfasse neben Underground- und Independent-Comics auch Graphzines, Künstlerpublikationen, illustrierte Bücher, Zeitschriften, Sekundärliteratur und diverse weitere Objekte wie z.B. Postkarten, Schallplatten, CDs oder Videofilme, die zwischen Anfang der 1960er Jahre und 2012 publiziert wurden. Abmeier konzentrierte sich in seiner Sammeltätigkeit vornehmlich auf einzelne Akteur*innen, die heute zu den Großen der Szene zählen – unter ihnen Robert Crumb, Art Spiegelman oder Mark Beyer. Da der Sammler stets den persönlichen Kontakt zu den Zeichner*innen suchte, enthält der Bestand einen hohen Anteil an signierten und mit gezeichneten Widmungen versehenen Büchern, Alben und Vorzugsausgaben. Gerade diese personalisierten Unikate verleihen der Sammlung ihren singulären Charakter.

Der Bestand ermögliche einen umfassenden Überblick über das Schaffen der international vernetzten Zeichner- und Illustratorenszene, die im Grenzbereich von Hoch- und Populärkultur und oft bewusst abseits des kulturellen Mainstreams agierte. Dabei stellen die US-amerikanischen Underground- und Independent-Comics das Herzstück der Sammlung Abmeier dar. Schon Ende der 1960er Jahre erwarb er in San Francisco, dem Zentrum der damals noch jungen Underground-Szene, frühe Comic-Publikationen in Kleinstauflage, die heute antiquarisch nur noch sehr selten angeboten werden. Und gerade diese Titel seien in europäischen Bibliotheken kaum vertreten.

 

Im Zentrum Robert Crump und Art Spiegelman

Den Arbeiten von Robert Crumb, dessen Veröffentlichungen Abmeier beinahe vollständig gesammelt habe, kommt dabei besondere Bedeutung zu – gehöre Crumb doch zu den prägendsten und umstrittensten Akteuren der Szene. Den Übergang von den Underground-Comics zur Independent-Szene markiere das Schaffen von Art Spiegelman. Auch von ihm enthalte die Sammlung das publizierte Werk fast vollständig – von frühen Underground-Heften wie "Arcade" über das Magazin "Raw" bis hin zu seinen Buchveröffentlichungen "Maus" oder "Breakdowns". Chris Ware und Mark Beyer sind ebenso vertreten wie Charles Burns, David Sandlin oder George Herriman.

"Für das Deutsche Buch- und Schriftmuseum in Leipzig sind sowohl die Vielgestaltigkeit der Underground- und Independent-Comics, die in der Sammlung Abmeier vertreten sind, als auch der große Anteil an Kleinstauflagen, unikalen Arbeiten und Ephemera ein schier unerschöpfliches Reservoir für Kooperationen sowohl mit der Literatur-, Buch- und Bildwissenschaft als auch mit den Digital Humanities. Und in ihrer starken Visualität natürlich ein großes Pfund für Ausstellungen und digitale Präsentationen", so Stephanie Jacobs, Leiterin des DBSM, das sich als internationale Dokumentationsstätte für die Buch- und Schriftkultur einen Namen gemacht hat.

Für die Kinderbuchautorin und Illustratorin Rotraut Susanne Berner, die die Sammlung ihres Ehemanns Armin Abmeier nach dessen Tod betreut und katalogisiert hat, sind das DBSM und die Buchstadt Leipzig ein idealer Ort. Nicht zuletzt durch seine Bedeutung für Kunst und Illustration, sondern auch der vielen Künstler*innen wegen, die in Leipzig leben oder dort ausgebildet wurden und mit denen Armin Abmeier vielfältig verbunden war. "Ich hatte Gelegenheit, das Museum, auch hinter den Kulissen zu besichtigen und bin sehr glücklich bei der Vorstellung, dass die Sammlung meines Mannes hier zuhause sein wird", so Rotraut Susanne Berner.

Vermittelt worden sei die Erwerbung durch Prof. Dr. Christine Haug, Zentrum für Buchwissenschaft der Ludwig-Maximilian-Universität München.