Nachdem Ludwig Reiners als Herausgeber des "Ewigen Brunnens" schon länger in Verruf geraten war, bringt der Verlag die traditionsreiche Gedichtsammlung mit Ihnen als Herausgeber in einer grundlegend erneuerten, modernisierten Fassung heraus. Erscheint die deutschsprachige Lyrik nun in einem neuen Licht?
Zu Ludwig Reiners ist zu sagen: die gegen ihn erhobenen Plagiatsvorwürfe betreffen seine 1943 erstmals erschienene "Stilkunst", galten aber nie dem "Ewigen Brunnen". Hier konnte man eher, worauf ich im Vorwort eingehe, eine Unempfindlichkeit gegenüber Schriftstellerinnen und Schriftstellern beobachten, die eine Nähe oder eine sehr geringe Distanz zum Nationalsozialismus besaßen. Es bleibt aber Reiners‘ Verdienst, in den 50er Jahren ein Konzept entworfen zu haben, das Gedichte nicht chronologisch ordnet, sondern auf alltägliche Lebenssituationen bezieht. Die Auswahl für die Neuausgabe zeigt jetzt allerdings einen ganz anderen Querschnitt durch die Lyrikproduktion seit dem Mittelalter.