Geöffnete Geschäfte während des Lockdowns

Saarland mit Werbeverbot für Non-Food-Artikel

17. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Einzelhändler, die trotz Öffnung aktiv für Artikel werben, die nicht der täglichen Grundversorgung dienen – also auch Bücher –, müssen im Saarland ab 22. Februar ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zahlen. Angekündigt wurde dies schon vor einigen Tagen, nun hat der Ministerrat das Werbeverbot beschlossen.

Unter dem Absatz "Werbeverbot für nicht erlaubte Warenarten" heißt es am 16. Februar in einer Mitteilung der Staatskanzlei des Saarlandes:  

"SB-Warenhäuser, Vollsortimentsgeschäfte, Discounter und Supermärkte dürfen weiterhin Mischsortimente anbieten, wenn der erlaubte Sortimentsteil im gesamten Warenangebot wesentlich überwiegt (Schwerpunktprinzip). Diese Betriebe dürfen alle Sortimente vertreiben, die sie gewöhnlich – auch in Form von Aktionsangeboten – verkaufen. Ein Bewerben über das Betriebsgelände hinaus von Warenarten oder Sortimenten, die nicht zum in der Verordnung definierten täglichen Gebrauch zählen, ist verboten. Eine Ausweitung des Angebots über das zum 12. Dezember 2020 geltende Angebot hinaus ist außerdem grundsätzlich nicht erlaubt." Bei Verstößen werden die zuvor genannten Bußgelder (zwischen 1.000 und 10.000 Euro) verhängt, bestätigt das Wirtschaftsministerium auf Anfrage. Die Regelung gilt 22. Februar.

Hintergrund

Die während des Lockdowns von Schließung betroffenen Einzelhändler beklagen zunehmend eine Benachteiligung durch weiterhin geöffnete Lebensmittel- und Drogeriemärkte, die bewusst Non-Food-Nebensortimente verkaufen und zum Teil aktiv bewerben – darunter Blumen, Multimedia-Artikel und Bücher.

Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger hatte daher ein Werbeverbot für Produkte, die nicht dem täglichen Bedarf oder zur Grundversorgung dienen, auf den Weg gebracht, das der Ministerrat des Bundeslands voraussichtlich am 16. Februar beschließen sollte. Das Verbot soll am kommenden Montag, dem 22. Februar, in Kraft treten, wie Rehlingers Ministerium am 12. Februar mitteilte.

Die Ministerin erwartete, dass das Verbot ab sofort beachtet werde: "Die freiwillige Selbstverpflichtung hat nicht bei allen zu einem Umdenken geführt – viele Geschäfte und Warenhäuser, die nach dem Schwerpunktprinzip weiter öffnen dürfen, haben auch in den vergangenen Tagen nicht auf teilweise umfangreiche Werbemaßnahmen verzichtet. Das führt nicht nur zu größeren Kundenströmen, während unser drängendstes Ziel noch immer lautet, Kontakte zu vermeiden. Es ist auch unsolidarisch den Fachgeschäften gegenüber, die zurzeit geschlossen bleiben müssen."

Warenhäuser, die dennoch für ihr Angebot werben, müssten voraussichtlich mit einem Bußgeld zwischen 1.000 und 10.000 Euro rechnen. Einzelhändler, die zurzeit geschlossen sind, dürfen weiterhin ihr Angebot im Rahmen von Click-and-Collect anbieten und bewerben.

Tengelmann-Chef fordert differenziertes Vorgehen

In einem Gastkommentar für das "Handelsblatt" vom 15. Februar ("Der Handel als Kollateralschaden") hat der CEO der Unternehmensgruppe Tengelmann, Christian Haub, ein differenziertes Vorgehen und eine klare Öffnungsperspektive für den stationären Handel gefordert. Haub beklagt, dass die Nachfrage während der Ladenschließungen zu den Online-Riesen und in die Non-Food-Bereiche des Lebensmitteleinzelhandels abwandere. Ob die Kunden nach dem Lockdown zurückkehrten, sei ungewiss. "Es findet eine Konzentration von Marktmacht statt, die auf Kosten der Vielfalt der Handelsformen und damit der Konsumenten geht", warnt Haub.

Die Hamburger Buchhändlerin Britta Maschek ("Tolle Geschichten – Bücher in Klein Borstel") fordert unterdessen, den Einzelhandel "ganz schnell wieder zu öffnen", da die Ansteckungsgefahr dort geringer sei – "oder aber, um den Wettbewerb nicht weiter zu verzerren, alle lebensmittelfremden Bereiche abzusperren".

Vor dem Wirtschaftsgipfel am 16. Februar bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) einen "transparenten und fairen Plan zur Wiedereröffnung aller Geschäfte". Zudem setzt sich der Verband für Änderungen bei den staatlichen Corona-Hilfen ein. "Die Politik muss jetzt das liefern, was sie schon lange zugesagt hat: einen fairen und sich an transparenten Kriterien orientierenden Plan zum Ausstieg aus dem Lockdown. So wie in den letzten Monaten kann es nicht mehr weitergehen. Da muss mehr Berechenbarkeit rein“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.