"Unverhohlen autobiografisch"

Poesiepreis an Diane Seuss und Franz Hofner

12. März 2024
Redaktion Börsenblatt

Die US-amerikanische Dichterin Diane Seuss und ihr Übersetzer Franz Hofner erhalten den Internationalen Poesiepreis 2024 der Stadt Münster für den zweisprachigen Band "Frank: Sonette". Für die Originalausgabe hatte Seuss 2022 einen Pulitzer-Preis bekommen.

Diane Seuss

Ihre Gedichte sind zum ersten Mal auf Deutsch zu lesen – und haben hierzulande sofort begeisterte Kritiken geerntet: Der Preis der Stadt Münster für Internationale Poesie geht an die US-amerikanische Dichterin Diane Seuss und ihren deutschen Übersetzer Franz Hofner. Die Stadt Münster zeichnet den zweisprachigen Band "Frank: Sonette" (Maro Verlag, 2023) aus. Der Preis wird als Höhepunkt des Internationalen Lyriktreffens am 12. Mai in Münsters Erbdrostenhof vergeben, teilt die Stadt Münster mit.

Diane Seuss habe ein Gespür "sowohl für das sinnliche Detail, das in jedem der Gedichte aufleuchtet, als auch für den Einzelvers, der auch außerhalb seines Kontextes schön ist", so die Jurorinnen und Juroren. Franz Hofner habe die Sonette in ein bewegliches Deutsch übertragen, das eine vergleichbare Wirkung wie das Original erziele. Der Rat der Stadt habe den Vorschlag der Jury bestätigt.

Der erste Gedichtband von Seuss auf Deutsch

Seuss wurde 1956 in Michigan geboren und wuchs im ländlichen Amerika auf. Sie studierte Sozialarbeit und unterrichtete viele Jahre lang am College von Kalamazoo, einer Kleinstadt in Michigan, wo sie bis heute lebt. Diane Seuss hat insgesamt fünf Gedichtbände veröffentlicht. Für "frank: sonnets" erhielt sie 2022 den Pulitzer-Preis für Dichtung – es ist der erste Band von ihr, der ins Deutsche übersetzt wurde. Die Sonette seien "unverhohlen autobiografisch", bemerkt die Jury in ihrer Begründung, "ohne dabei jemals eitel oder exhibitionistisch zu sein". 

Seuss schreibt über ihren früh verstorbenen Vater, ihre Mutter mit der Vorliebe für "Fertiggerichte und James Joyce", über ihren drogenabhängigen Mann, über ihre Mutterschaft, über den an Aids erkrankten Freund, über ihre New Yorker Zeit in den angesagten Punk-Clubs. Bereits im ersten Sonett werde das benannt, was sich als das eigentliche Thema des Buches deuten lasse: "Diese rastlose Suche nach Schönheit und Auflösung." 

Franz Hofner

Kongenialer Übersetzer

Dem Übersetzer Franz Hofner sei es zu danken, "dass die Sonette eine vergleichbare Wirkung entfalten wie die sonnets – dass das, was übersetzt ist, nicht übersetzt klingt", schreibt die Jury. Hofner wurde 1963 in Schrobenhausen geboren, studierte Mathematik und Physik, ver­öffentlicht Rezensionen, eigene Gedichte und Über­­­setz­ungen, unter anderem im Jahrbuch der Lyrik. 

Der Titel "Frank: Sonette" bezieht sich zum einen auf den Dichter Frank O’Hara. Er lässt sich aber auch als Verbeugung vor Amy Winehouse lesen, deren erste Soloplatte den Titel "Frank" trug (hier bezogen auf Frank Sinatra). Ein weiterer Bezug sei die eigentliche Bedeutung des Wortes "frank" im Englischen, das offen, freimütig, aufrichtig bedeutet, so die Jury. Damit sei der Titel auch ein Hinweis auf die Direktheit und Unmittelbarkeit des Tons in den 128 Sonetten.

Cover

Zum Preis:

Seit 1993 verleiht die Stadt Münster alle zwei Jahre den Preis für Internationale Poesie. Die Auszeichnung ist mit insgesamt 15.500 Euro dotiert und entfällt je zur Hälfte auf die Autorin und den Übersetzer.

Jurymitglieder sind der Schriftsteller Urs Allemann, die Literaturwissenschaftlerin Maren Jäger, die Literaturkritikerin Cornelia Jentzsch, der Autor und Literaturwissenschaftler Matthias Kniep, der Publizist Norbert Wehr und – mit beratender Stimme – Kulturausschussmitglied Lia Kirsch.

Preisträger war zuletzt der Dichter Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki (Polen) mit dem Übersetzer Michael Zgodzay und der Übersetzerin Uljana Wolf.