"Wie immer ist die Luft spannungsgeladen und der Adrenalin-Spiegel steigt", erklärte Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main, kurz nach 18 Uhr im voll besetzten Kaisersaal des Frankfurter Römer in ihrem Grußwort. Das spiegelte sich in den Gesichtern. Hartwig gratulierte allen Nominierten ganz herzlich. "Es so weit zu schaffen ist schon ein großer Erfolg."
Um 18:45 Uhr war es dann soweit: Karin Schmidt-Friderichs trat auf die Bühne und gab bekannt, dass Kim de l’Horizon mit dem Roman "Blutbuch" (DuMont) den Deutschen Buchpreis 2022 gewonnen hat.
Die Begründung der Jury: "Mit einer enormen kreativen Energie sucht die non-binäre Erzählfigur in Kim de l’Horizons Roman 'Blutbuch' nach einer eigenen Sprache. Welche Narrative gibt es für einen Körper, der sich den herkömmlichen Vorstellungen von Geschlecht entzieht? Fixpunkt des Erzählens ist die eigene Großmutter, die 'Großmeer' im Berndeutschen, in deren Ozean das Kind Kim zu ertrinken drohte und aus dem es sich jetzt schreibend freischwimmt. Die Romanform ist dabei in steter Bewegung. Jeder Sprachversuch, von der plastischen Szene bis zum essayartigen Memoir, entfaltet eine Dringlichkeit und literarische Innovationskraft, von der sich die Jury provozieren und begeistern ließ."
"Mit dem Deutschen Buchpreis wollen wir die Aufmerksamkeit der Leser:innen auf die Vielschichtigkeit der deutschsprachigen Literatur lenken. Er ist auch in diesem Jahr wieder eine Einladung, die Grenzen der eigenen Wahrnehmung zu erweitern, sich auch mit Literatur zu beschäftigen, die außerhalb des eigenen Fokus liegt und die dafür umso mehr inspiriert. Bestenfalls holen wir uns damit gegenseitig aus unseren Filterblasen heraus, bewegen uns und andere zum Nach-, Um- und Weiterdenken", so Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.