Für Buch über Überlebende aus dem Ukraine-Krieg

Katerina Gordeeva erhält Geschwister-Scholl-Preis 2024

2. Oktober 2024
Redaktion Börsenblatt

Der Landesverband Bayern des Börsenvereins und die Landeshauptstadt München verleihen Katerina Gordeeva den Geschwister-Scholl-Preis 2024. Sie wird für ihr Buch "Nimm meinen Schmerz. Geschichten aus dem Krieg" (Droemer) ausgezeichnet. 

Katerina Gordeeca

In ihrem Buch "Nimm meinen Schmerz" (Droemer) erzählt die Journalistin Katerina Gordeeva in 24 Porträts von der brutalen Realität des Krieges in der Ukraine. "Wo der russische Angriffskrieg auf die Ukraine nicht viel mehr als eine wiederkehrende Nachricht ist, macht man sich selten klar, was er für einzelne Menschen konkret bedeutet: Inmitten unglaublicher Zerstörung leben zu müssen, mit der Bedrohung für den eigenen Körper und das nackte Leben, mit dem Tod von Freunden, Nachbarn, Familienmitgliedern, mit konstanter Gewalt", heißt es in der Begründung der Jury.

In ihrem "literarisch sehr beeindruckenden Buch" stelle Gordeeva diese Stimmen in den Vordergrund. Sie protokolliert in langen Passagenen direkter Rede deren Erleben. "Aber sie zeigt sich doch auch selbst und ihre schwierige Rolle als Reporterin, die selbst aus dem Land kommt, das Krieg und Leid über ihre Gesprächspartnerinnen gebracht hat. Zumal sie ihre Interviews auf Russisch führt, für viele Gegenüber die kaum noch zu ertragene Sprache des Aggressors."

Katerina Gordeeva ist 1977 in Rostow am Don geboren und wurde durch ihre Dokumentarfilme und Fernsehsendungen eine der bekanntesten Journalistinnen Russlands. Nach der Annexion der Krim 2014 ging sie ins Exil und lebt heute mit ihrer Familie in Lettland. Die russische Regierung führt sie als "Ausländische Agentin", da sie insbesondere auf YouTube weiterhin Dokumentationen veröffentlicht.

Weiter heißt es in der Jurybegründung: 

"Ihr persönliches Risiko bei ihrer Arbeit macht sie darin nicht zum Thema, wohl aber ihre Verantwortung, die sie für den Krieg empfindet und nach der sie handeln möchte. Diese Haltung und ihr schonungsloses Schreiben über den Krieg stellen eine würdige Verbindung zum Widerstand der Geschwister Scholl und der Weißen Rose her, in deren Namen sie für ihr Buch ausgezeichnet wird."

Der Geschwister-Scholl-Preis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V. und der Landeshauptstadt München seit 1980 ver­geben. Sinn und Ziel des Geschwister-Scholl-Preises ist es, jährlich ein Buch jüngeren Datums auszuzeichnen, das, wie es in den Statuten heißt, „von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen und ästhetischen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben.“ Er ist mit 10.000 Euro dotiert.

Zu den Preisträgerinnen und Preisträgern zählten in den letzten Jahren unter anderem David van Reybrouck, Andrej Kurkow, Joe Sacco, Dina Nayeri, Ahmet Altan, Götz Aly, Achille Mbembe, Glenn Greenwald, Otto Dov Kulka, Liao Yiwu, Joachim Gauck, Roberto Saviano, David Grossman und Anna Politkovskaja.