Fontane-Literaturpreis 2021

Judith Zander für "Johnny Ohneland" ausgezeichnet

23. Juni 2021
Redaktion Börsenblatt

Die Autorin Judith Zander erhält den mit 40.000 Euro dotierten Fontane-Literaturpreis 2021 der Fontanestadt Neuruppin und des Landes Brandenburg. Sie wird für ihren Roman "Johnny Ohneland" (dtv) über einen sexuell nicht festgelegten Menschen ausgezeichnet. Dieser "strotzt vor literarischer Kraft und Intensität", so die Jury.

Brandenburgs Kulturministerin Manja Schüle hat am 23. Juni gemeinsam mit Bürgermeister Nico Ruhle und der Juryvorsitzenden Nadine Kreuzahler die Preisträgerin des diesjährigen Fontane-Literaturpreises präsentiert, wie die Fontanestadt Neuruppin mitteilt. Kulturministerin Manja Schüle sagte dabei: "'Johnny Ohneland' ist ein selbstbewusster Roman einer ostdeutschen Autorin: Judith Zander erzählt von einer Identitätssuche, die auch durchs geteilte Deutschland führt. Das Buch zieht einen tief hinein in die Erfahrungswelt eines sexuell nicht festgelegten Menschen – und thematisiert den DDR-Hintergrund der Hauptperson ohne die üblichen Klischees und Blaupausen."

Bürgermeister Nico Ruhle ergänzte: "Die verhandelten Fragen um Identitätsfindung, Heimat und Zugehörigkeit sind Gegenwartsfragen, die viele Menschen bewegen und damit in die Zukunft weisen und das ist es, was wir mit dem Preis unterstützen wollen."

Und Juryvorsitzende Nadine Kreuzahler erklärte: "Alle vier Bücher auf der Shortlist waren stark und konnten die Jury mit ihrer literarischen Kraft überzeugen, alle vier Autor*innen hätten den Fontane-Literaturpreis verdient. Am Ende war es eine knappe, aber mit vollster Überzeugung getroffene Entscheidung für Judith Zander und ihren Roman 'Johnny Ohneland'. Ihr Werk ist wie ein Berg, den es immer wieder neu zu besteigen gilt, und gleichzeitig auch wie ein Strom, der einen immer größeren Sog entwickelt und unwiderstehlich mit sich fortreißt. Ich kann mich nicht entziehen – und das ist es, was gute Literatur ausmacht. Auf dringende gesellschaftliche und doch sehr individuelle Fragen wie die Suche nach Identität und Zugehörigkeit und den Verlust von Heimat und Sicherheit findet Judith Zander ganz unverwechselbare Antworten mit Hilfe einer unbestechlichen Figur, die sich zwischen Geschlechtern und Grenzen bewegt. Wir gratulieren Judith Zander ganz herzlich und freuen uns darüber, ihre Arbeit und ihren weiteren Weg mit unserer Entscheidung ein wenig unterstützen zu dürfen."

"Über die Zuerkennung des Fontane-Literaturpreises freue ich mich außerordentlich", so Preisträgerin Judith Zander: "die Wertschätzung meines Romans 'Johnny Ohneland' macht mich gerade in dieser Zeit, in der es so viele Bücher nicht einfach haben, den Weg in die öffentliche Wahrnehmung zu finden, mehr als froh, und die großzügige Dotierung des Preises erleichtert mir das Leben und Schreiben erheblich. Ich hätte mir kaum einen besseren Preispaten als Theodor Fontane wünschen können, dessen scharfem, aber nie zynischem Blick fürs Detail bei Menschen und Dingen, für nur scheinbare Nebensächlichkeiten, ich mich sehr verbunden fühle."

"'Johnny Ohneland' strotzt vor literarischer Kraft und Intensität und ist ein Tagebau an aufgeworfenen Erinnerungen, ein Werk auch, das den Akt des Erzählens und des Sich-Erinnerns selbst nachfühlbar in Form gegossen hat", so die Jury-Begründung. In ihm seien lauter Schätze zu heben.

Die unabhängige Jury für den Fontane-Literaturpreis hatte zuvor eine Shortlist für den diesjährigen Preis beschlossen. Ausgewählt wurden dafür – neben Judith Zander – auch Olivia Wenzel mit "1000 Serpentinen Angst" (S. Fischer), Björn Stephan mit "Nur vom Weltraum aus ist die Erde blau" (Galiani Berlin) sowie Anna Prizkau mit "Fast ein neues Leben" (Friedenauer Presse).

Darum geht es bei "Johnny Ohneland"

Joana Wolkenzin weiß früh, dass sie anders ist. Sie liest stundenlang, verliebt sich in Jungs und in Mädchen. Im vorpommerschen Niemandsland der Neunziger gibt sie sich einen neuen Namen: Johnny. Als die Mutter über Nacht die Familie verlässt, macht Johnny sich auf die Suche nach einem Leben, das ihren eigenen Vorstellungen entspricht. Dabei ist sie oft einsam und immer wieder kompliziert verliebt in Menschen, die sich wie sie zwischen den Geschlechtern aufhalten. Die erste richtige Liebesgeschichte mit einem Studenten aus Luxemburg endet abrupt, als er seine Abreise und den Wunsch, mit einem echten Jungen zusammen zu sein, ankündigt.

Zur Preisträgerin

Judith Zander wurde 1980 in Anklam geboren und lebt heute in Jüterbog (Landkreis Teltow-Fläming). Sie studierte Germanistik, Anglistik und Geschichte in Greifswald, danach am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Sie arbeitet als Übersetzerin und veröffentlicht Lyrik und Prosa. Für ihre Werke wurde sie mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem 3sat-Preis des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs sowie dem Uwe-Johnson-Förderpreis. Ihr erster Roman "Dinge, die wir heute sagten" stand auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Zuletzt erschien im August 2020 bei dtv ihr Roman "Johnny Ohneland":

Preisverleihung

Die feierliche Preisverleihung findet am 20. August 2021 in der Kulturkirche Neuruppin statt.

Zum Preis

Der Fontane-Literaturpreis des Landes Brandenburg und der Fontanestadt Neuruppin hat mehrere Vorgänger. 2019 wurde er erstmalig gemeinsam durch die Fontanestadt Neuruppin und das Land Brandenburg an die Autorin Peggy Mädler verliehen. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben.

Der mit 40.000 Euro dotierte Preis wird in Würdigung Theodor Fontanes als 24-monatiges Stipendium an Autor*innen verliehen, die mit einem Werk erstmalig herausragendes öffentliches Interesse gefunden haben. Der Preis soll sie dabei unterstützen, diesen Weg erfolgreich fortzusetzen.

Weitere Informationen: www.fontanepreis.de