Festakt in Wien

Guillaume Paoli erhielt Anders-Preis

18. April 2024
Redaktion Börsenblatt

Am 14. April ist der Schriftsteller und Philosoph Guillaume Paoli im Wiener Museum für Angewandte Kunst mit dem Günther Anders-Preis für kritisches Denken geehrt worden. Ausgezeichnet wurde er für sein Buch "Geist und Müll". Das Preisgeld beträgt 20.000 Euro.

Guillaume Paoli, Karin Harrasser, Wolfgang Beck und Christian Dries stehen nebeneinander

Guillaume Paoli, Karin Harrasser, Wolfgang Beck und Christian Dries (von links)

Das prämierte Buch "Geist und Müll. Von Denkweisen in postnormalen Zeiten" ist 2023 bei Matthes & Seitz Berlin erschienen. Die Preisverleihung fand am 14. April im Museum für Angewandte Kunst in Wien statt. Nach einer Begrüßung des Vorsitzenden der Günther Anders-Stiftung Christian Dries würdigte Laudatorin Karin Harrasser, Kulturwissenschaftlerin am Internationalen Forschungszentrum für Kulturwissenschaften, Paolis Buch, "das Blitze in Form von Notaten in die Abgründe der Gegenwart schleudert", so Harrasser.

Nach der Urkundenüberreichung durch Wolfgang Beck, der Günther Anders bereits als Jugendlicher im Hause seiner Eltern begegnet war und später sein Verleger wurde, amüsierte Guillaume Paoli der Mitteilung zufolge die zahlreichen Gäste, unter denen sich auch der vorherige Preisträger Joseph Vogl befand, in seiner Dankesrede mit den einleitenden Worten: "Hätte ich zwischen allen möglichen Ehrungen wählen dürfen, die für Autoren in Frage kommen, hätte ich mich ohne Zweifel für diesen einen Preis entschieden – nicht unbedingt, dass ich mich ihm würdig wüsste, sondern weil mich die Wertsetzung anspricht. Ich konnte nicht wählen, wurde aber gewählt, darum gratuliere ich der Jury für die weise Entscheidung."

Was das Buch betreffe, so Paoli weiter, das Anlass der Auszeichnung sei: "Die wenigen Medienrezensenten, die Geist und Müll überhaupt besprochen haben, konnten sich nebst allerlei Komplimenten nicht verkneifen, es als pessimistisch beziehungsweise hochpessimistisch zu bezeichnen, was marketingtechnisch nicht gerade förderlich ist. Darüber beschwere ich mich nicht; denn ich bin da in guter Gesellschaft, angefangen mit Günther Anders selbst, der diesem Vorwurf mit seinem charakteristischen schwarzen Humor entgegnete: 'Pessimistisch ist noch viel zu optimistisch ausgedrückt.'"

Im Anschluss an eine Lesung des Burgtheater-Schauspielers Michael Maertens aus den Schriften von Günther Anders diskutierten der Preisträger, Karin Harrasser und Juror Stephan Lessenich über die dringlichen Denkaufgaben des überaus Buches von Paoli.

Zum Preis:

Der Günther Anders-Preis für kritisches Denken wird seit 2018 alle zwei Jahre für herausragende Leistungen im Bereich philosophischer, kulturwissenschaftlicher und politischer Essayistik vergeben.

Über die Vergabe des Preises entschied 2024 eine dreiköpfige Jury, bestehend aus dem Philosophen Martin BauerPetra Gehring (Professorin für Philosophie, TU Darmstadt) und Stephan Lessenich (Direktor des Frankfurter Instituts für Sozialforschung und Professor für Gesellschaftstheorie und Sozialforschung an der Goethe-Universität Frankfurt a. M.).

In Erinnerung an den Philosophen, Kulturkritiker und Zeitdiagnostiker Günther Anders werden Autorinnen und Autoren und deren Werke ausgezeichnet, welche sich – in aufklärerischer Tradition – mit den Lebensbedingungen unserer gegenwärtigen Welt befassen, insbesondere mit den kulturellen, ökonomischen und technisch-medialen Umwälzungen der Zeit. Prämiert wird innovatives und originelles Denken, das mit besonderer ästhetischer Qualität einhergeht, insbesondere mit der Fähigkeit zur sprachlich klaren Vermittlung komplexer Gedanken.

Der Preis wird von der Internationalen Günther Anders-Gesellschaft im zweijährigen Turnus abwechselnd in Wien, München und Berlin verliehen.