Hermann Kesten-Preis vergeben

"Günter Wallraff ist ein Phänomen"

29. Juli 2020
Redaktion Börsenblatt

Günter Wallraff erhält den Hermann Kesten-Preis 2020 des deutschen PEN Zentrums. Der Förderpreis geht an die unabhängige ägyptische Online-Zeitung „Mada Masr“.

Der Hermann Kesten-Preis würdigt Persönlichkeiten, die sich in besonderer Weise für verfolgte Schriftsteller und Journalistinnen einsetzen und ist mit 10.000 Euro dotiert.  Er wird durch das deutsche PEN-Zentrum und das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst verliehen. Die Preisverleihung wird am 19. November in Darmstadt stattfinden. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir übernimmt die Laudatio.

Der Preisträger Günter Wallraff ist vor allem durch seine Reportagen über Großunternehmen wie die BILD-Zeitung und das Leben türkischer Gastarbeiter bekanntgeworden. Ausgezeichnet wird er auch für seinen Einsatz für inhaftierte Schriftsteller und Journalisten, beispielsweise in der Türkei. Zuletzt hat er die Initiative www.assange-helfen.de ins Leben gerufen, die für die Entlassung des inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange eintritt.

„Mit Günter Wallraff ehren wir einen der engagiertesten deutschen Autoren der letzten Jahrzehnte. Mit bewundernswertem Mut und großem persönlichem Einsatz hat er sich immer wieder für die Meinungsfreiheit sowie für politisch verfolgte Autorinnen und Autoren wie beispielsweise Salman Rushdie oder Julian Assange eingesetzt. Seine Lebensleistung verdient unsere aufrichtige Bewunderung“, begründet Ralf Nestmayer, Vizepräsident des deutschen PEN-Zentrums die Wahl von Günter Wallraff.

„Günter Wallraff ist ein Phänomen. Er zeigte uns die fragwürdigen Recherche-Methoden des Boulevard-Journalismus, ließ uns erschreckend tief blicken in die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen eines so genannten Gastarbeiters, nahm uns mit in den harten Alltag von Paketdienstleistern und Flugpersonal. Es gibt das schwedische Wort ,wallraffa' für verdecktes journalistisches Arbeiten und das Grundsatzurteil ,Lex Wallraff', das solches Vorgehen juristisch schützt. In einer Zeit, in der leider Journalistinnen und Journalisten immer mehr angefeindet werden, ist sein mutiges Aufzeigen von Missständen ein Vorbild“, ergänzt Angela Dorn, Hessens Kunst- und Kulturministerin.

Der mit 3.000 Euro dotierte Hermann Kesten-Förderpreis, der alle zwei Jahre verliehen wird, geht an die ägyptische Online-Zeitung Mada Masr und ihre Chefredakteurin Lina Attalah, die sich für den unabhängigen Journalismus in Ägypten einsetzen. Lina Attalah gehört zu den wichtigsten kritischen Stimmen in der ägyptischen Medienlandschaft und war mehrfach Repressalien ausgesetzt. Im Nopvember 2019 wurde sie kurzzeitig inhaftiert.

„Für ebenso unerschrocken (wie Wallraff) halte ich Chefredakteurin Lina Attalah und ihr Redaktionsteam. Sie berichten kritisch über ihre Entwicklungen in Ägypten und wehren sich gegen Zensur und Einschüchterungen. Der Preisträger und die Preisträgerin lassen uns hinsehen, wenn Unrecht geschieht, und stoßen Veränderungen an. Ich gratuliere ihnen herzlich zur Auszeichnung“, so Angela Dorn.