Deutscher Literaturfonds

Großer Preis für Annette Pehnt

10. Oktober 2023
von Börsenblatt

Den mit 50.000 Euro dotierten Großen Preis des Deutschen Literaturfonds erhält in diesem Jahr Annette Pehnt. "Ihr umfangreiches Werk zeugt von einer beeindruckenden Fähigkeit, in ganz verschiedenen literarischen Formen und oft mit wenigen Worten Perspektiven zu vermitteln, Geschichten aufzubauen und Stimmungen zu erzeugen", begründete die Jury ihre Entscheidung.

Porträtfoto Annette Pehnt

Annette Pehnt

Der "Große Preis des Deutschen Literaturfonds" ist hervorgegangen aus dem "Kranichsteiner Literaturpreis" und gehört mit einem Preisgeld von 50.000 Euro zu den höchstdotierten Literaturpreisen in Deutschland.

Die Begründung der Jury, bestehend aus Birte Lipinski, Manuela Reichart und Hans Thill, im Wortlaut:

"Ihr umfangreiches Werk zeugt von einer beeindruckenden Fähigkeit, in ganz verschiedenen literarischen Formen und oft mit wenigen Worten Perspektiven zu vermitteln, Geschichten aufzubauen und Stimmungen zu erzeugen. In ihrem aktuellen Roman Die schmutzige Frau hat sie auf originelle Weise die schriftstellerische Arbeit selbst zum Thema gemacht. Sie verknüpft hier eine versifizierte Rahmenhandlung um eine von ihrem Ehemann finanziell abhängige Schriftstellerin mit eingelegten Prosaminiaturen und entwickelt so ein ganz eigenes Spiel von Strenge und Erzählfluss, vom Umgang mit dem Schreiben und der Fiktion. Dass nur aus der Perspektive der Protagonistin die Handlung zu erschließen ist, unzuverlässig und oft nur andeutungsweise, macht den Reiz der Erzählung aus und kommt einer ‚Wahrheit‘ über das Leben wohl näher als jede eindeutige Behauptung.
In der Kurzprosa wie im Lexikon der Angst und im Lexikon der Liebe, in ihren Kinderbüchern und vor allem in ihren herausragenden Romanen sind solche überraschenden Blickwinkel und wechselnden  Figurenperspektiven immer wieder staunenswert.
Die zahlreichen Ich-Erzähler in Alles was Sie sehen ist neu, die Stück für Stück ein Bild der Hauptfigur aufbauen, entwickeln einen ganz anderen Erzählfluss als die Ehefrau in Mobbing, die eigentlich wenig weiß und doch über alle Lücken hinweg erzählt.
Dabei sind Annette Pehnts Figuren vielschichtig und jenseits aller Klischees angelegt. Überrascht merken wir beim Lesen, welche Tiefe die Autorin mit ihren manchmal fast kargen Beschreibungen erreicht, mit welcher Präzision sie ihre Charaktere zeichnet. Von obsessiver Liebe und Verlust in Briefe an Charly bis zu Alter und Tod im Haus der Schildkröten entwirft sie dabei immer auch Beziehungspsychogramme.
Ihre Geschichten fordern uns auf beste Weise heraus: durch Form und Inhalt. Für ihr Gesamtwerk und mit besonderer Hochachtung vor dem jüngsten Roman Die schmutzige Frau verleiht die Jury Annette Pehnt den ,Großen Preis des Deutschen Literaturfonds'."