Förderung für Spannungsliteratur

Erstes Anne-Goldmann-Stipendium vergeben

16. November 2023
Redaktion Börsenblatt

Anja Schwennsen erhält das Anne-Goldmann-Stipendiums des gemeinnützigen Autorinnen-Netzwerks HERland, das eine Autorin bei einem Projekt deutschsprachiger Spannungsliteratur unterstützt.

Anja Schwennsen wird mit 3.000 Euro bei ihrem Projekt „Glücksvollzug“ unterstützt.

Und so begründet das Netzwerk seine Wahl: „‘Glücksvollzug‘“ erzählt in Ich-Form auf mitreißende, konzentrierte Weise von der Gefängnisinsassin Esther, die wegen Mordes einsitzt, von ihrem Alltag und Umfeld im Frauenknast sowie nach und nach von den Lebensverhältnissen und Motiven, die zu den Straftaten der Frauen geführt haben. Die Leserin erlebt das Erzählte intensiv mit, der Text zieht sofort in Esthers Erleben und Denken hinein, plausibel und packend, eingängig und bildstark, frei von Stereotypen und immer wieder überraschend, scharf beobachtend und Aufmerksamkeit weckend. Die Erzählsprache ist überzeugend subjektiv, rhythmisch und flüssig, mit Ernst (Gefühle, Störungen, Biografien) und Humor (tolle Dialoge, Spitznamen), mit Respekt vor den Menschen und mit aller für guten Realismus nötigen Widersprüchlichkeit. Selten gelingen derart genretypische Milieudarstellungen so klischeefrei, präzise und auf Augenhöhe mit den weniger Privilegierten. ‚Glücksvollzug‘ unterhält spannend und glänzt mit großem Gespür für die Auswirkungen gesellschaftlicher Hierarchien, sowohl im Strafvollzug wie ›draußen‹ in unserer Normalität mit ihren (auch ungeschriebenen) Regelwerken.“

Außerdem hat sich die Jury entschieden, Nicola Anne Mehlhorn für ihr Projekt „Widerstund“ mit einer Anerkennungsprämie von 500 Euro auszuzeichnen.

Mit dem Anne-Goldmann-Stipendium will das Autorinnen-Netzwerk HERland schreibende Frauen rund um Kriminalliteratur zu literarischer und inhaltlicher Courage ermutigen – im Gedenken an die Mitgründerin & Weggefährtin Schriftstellerin Anne Goldmann (1961-2021). Es geht um Texte, die das Genre wertschätzen, aber keine überkommenen Muster und Klischees reproduzieren, sondern Neues wagen, die Sicherheit des Altbewährten verlassen, gesellschaftlich unsichtbare Menschen und Räume und Tätigkeiten in den Blick nehmen, dabei sprachlich überzeugen und erzählerisch packen.

Insgesamt hat das Netzwerk 94 Einsendungen erreicht. Die Jury bestand aus Doris Gercke, Doris Hermanns, Christine Lehmann, Gudrun Lerchbaum und Else Laudan.