Nach Kritik an Ukraine-Projekt

Benjamin Fredrich tritt als Katapult-Chef zurück

1. Februar 2023
Redaktion Börsenblatt

Ehemalige ukrainische Angestellte von Katapult werfen Gründer Benjamin Fredrich vor, sie benutzt und fallen gelassen zu haben. Er habe kurz nach Kriegsausbruch die „Illusion einer großen Hilfsorganisation“ geschaffen. Nach der Kritik tritt Fredrich als Geschäftsführer und Chefredakteur zurück.

Das Engagement von Katapult kurz nach Ausbruch des Krieges für die Ukraine war bemerkenswert. Das kleine Team stellte innerhalb weniger Tage einen Liveticker zum Geschehen online. Das Erdgeschoss des Redaktionsgebäudes wurde zur Unterkunft für Geflüchtete umgebaut. Ein Teil des Teams verzichtete auf Teile ihrer Gehälter und ein eigenes Katapult Ukraine Team bestehend aus ukrainischen Journalist:innen wurde aufgebaut.

All das hat auch schon 2022 zu Konflikten innerhalb des Teams geführt. Das Medienmagazin „ZAPP“ sprach dazu mit Benjamin Fredrich.

Kritik an Benjamin Fredrich

Nun kritisieren die ukrainischen Journalisten Sergey und Roksana Panashchuk, beide früher in leitender Funktion Teil des Ukraine-Teams von Katapult, Benjamin Fredrich und sein Verhalten. Stefan Niggemeier von „Übermedien“ berichtet, dass Panashchuk und den anderen Mitarbeitern dort gekündigt worden sei. „Auf der Projektseite erscheinen wochenlang keine Inhalte, von den vielen ukrainischen Mitgliedern des „Katapult Ukraine“-„Teams“, die angeblich eingestellt wurden, ist kaum noch jemand dabei, und Roksana Panashchuk ist längst nicht mehr Redaktionsleiterin und zurück in der Ukraine. Beide fühlen sich benutzt von „Katapult“ und machen Benjamin Fredrich Vorwürfe“, berichtet Niggemeier.

Fredrich habe das Projekt größer verkauft als es tatsächlich war und seine Mitarbeiter:innen in der Ukraine unfair behandelt. Es sei ein großer PR-Stunt für Katapult gewesen und Spenden für die Ukraine seien zweckentfremdet worden.

Hier geht's zum Übermedien-Artikel: Ukrainische Journalisten werfen „Katapult“ vor, sie benutzt und dann fallen gelassen zu haben

Katapult-Chef tritt zurück, neue Geschäftsführerinnen stehen fest

In einem Statement auf der Homepage des Katapult-Magazins äußert sich Fredrich zu den Vorwürfen.

„In einem Punkt hat Niggemeier recht: Wir hatten nicht nur Erfolge mit dem Projekt. Ich verstehe, dass genau die Leute, von denen wir uns wieder trennen mussten und die Niggemeier für seinen Artikel interviewt hat, verärgert sind. Doch diese Trennungen waren für KATAPULT existenziell und unumgänglich: Manche Leute haben trotz Bezahlung keine Artikel abgegeben, manche haben diskriminierende Sprache verwendet, manche haben bei der Übersetzung unserer Artikel in andere Sprachen eigenmächtig kritische Abschnitte über die Ukraine entfernt. Diesen letzten Punkt kann ich sogar ein wenig verstehen. Die Leute wollten das Maximum für ihr Land herausholen. Aus journalistischer Sicht ist dieses Vorgehen jedoch untragbar. Wir sind nicht die Pressestelle der ukrainischen Regierung. Wir sind Journalist:innen. Auch wenn wir unsere Projekte oft auch aus idealistischen Motiven beginnen“, so Fredrich.

Niggemeier stütze seine Ausführungen auf zum Teil haltlose Vermutungen und Vorwürfe ehemaliger Mitarbeitender, so Fredrich, und unterstelle damit ein Kalkül, das es nie gegeben habe. „Niggemeier veröffentlicht sie trotzdem. Er weiß, dass sich die Aussagen nicht beweisen lassen, und sät die Zweifel trotzdem.“

Dass er es nicht geschafft habe, grundlegende Erwartungen zu erfüllen, und schlecht kommuniziert zu haben, störe Fredrich.

„Dass ich das Projekt nicht mit der konsequenten Ausdauer verfolgt habe, wie ich es angekündigt habe: Auch das tut mir leid. Ich wollte, es wäre anders, und ärgere mich über mich selbst. Deshalb ziehe ich daraus die Konsequenzen: Ich werde die operative Geschäftsführung sowie die Chefredaktion von KATAPULT abgeben. Die beiden neuen Geschäftsführerinnen werden Nasrin Morgan und Juli Katz sein, derzeit Referentin der Geschäftsführung und Online-Chefredakteurin. Die Besetzung der Chefredaktion steht noch aus.“

Sein Rücktritt habe außerdem ein konkretes Ziel. Er wolle nicht zurücktreten, und sein Vorhaben, das er „großspurig initiiert habe“, vergessen.

Benjamin Fredrich wird sich in Zukunft auf Katapult Ukraine konzentrieren

„Ich will das wahrmachen, was ich angekündigt habe, denn es stört mich, dass Stefan Niggemeier nicht nur ungerechtfertigte Kritikpunkte vorbringt. Genau diese Punkte möchte ich bearbeiten und vor allem möchte ich Transparenz herstellen. Dass man bei KATAPULT von außen immer in unser Innerstes gucken konnte, hat uns innerhalb der Medienlandschaft hervorgehoben. Ich möchte, dass es so bleibt.“

Außerdem verteidigt er sich gegen Niggemeier und betont, dass entgegen der Behauptung im Artikel, das gesamte Ukraine-Projekt nicht gescheitert sei und über das Redaktionsbüro in Odesa hinaus gegangen sei. Dazu zählt er unter anderem die Ukraine-Redaktion in Greifswald, die Unterkunft im Redaktionsgebäude oder die finanzielle Soforthilfe für Journalist:innen. Eine vollständige Aufzählung hier: KATAPULT-Gründer Benjamin Fredrich tritt zurück – KATAPULT-Magazin

Abschließend richtet sich Fredrich noch an seine Mitarbeiter: „Das wars, Leute. Acht Jahre sind rum. 2015 habe ich diesen Laden gegründet. 2023 ziehe ich mich aus der Geschäftsführung und von der Chefredaktion zurück. … Ich bedanke mich bei meinem Team, das es sicher selten leicht mit mir hatte. Ich bin stolz auf euer Durchhaltevermögen und eure Resilienz – der politischen Lage gegenüber, unserer Arbeit gegenüber und mir gegenüber. Wir haben versucht, einen Unterschied zu machen. Wir haben einen Unterschied gemacht. Ich bin nun aber offensichtlich gescheitert. Nasrin und Juli werden vieles besser machen.“

Zum kompletten Statement: KATAPULT-Gründer Benjamin Fredrich tritt zurück – KATAPULT-Magazin