Trauer um einen Jahrhundertschriftsteller

Martin Walser ist tot

28. Juli 2023
Redaktion Börsenblatt

Im Alter von 96 Jahren ist der Schriftsteller Martin Walser am Freitag, 28. Juli, im baden-württembergischen Überlingen am Bodensee gestorben. "Martin Walser war fast von Beginn der Bundesrepublik an einer ihrer bedeutendsten Schriftsteller", schreibt Susanne Beyer in ihrem Nachruf auf Spiegel online. Auch die deutsche Debattenkultur sei ohne ihn nicht denkbar.

Martin Walser

Walser wurde am 24. März 1927 in Wasserburg am Bodensee geboren. Zu seinen bekanntesten Werken zählt die Novelle "Ein fliehendes Pferd" aus dem Jahr 1978, das fürs Kino verfilmt wurde. Für sein Schaffen erhielt er zahlreiche Preise, darunter den Georg-Büchner-Preis (1981) und den Friedenspreis des deutschen Buchhandels (1998). Zuletzt erschien im Frühjahr ein Band mit Gedichten unter dem Titel "Fisch und Vogel lassen grüßen" (Verlag Klaus Eisele). Bei Rowohlt erschien im März 2022 "Das Traumbuch" mit Texten von Walser und Bildern von Cornelia Schleime. Nach fast 50 Jahren war Walser 2004 mit seinem gesamten Werk von Suhrkamp zu Rowohlt gewechselt. 

Bundespräsident: "Wir werden ihn nicht vergessen"

Die Tagesschau und andere Medien veröffentlichten Auszüge aus einem Kondolenzschreiben des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier an Käthe Walser, die Witwe des Autors: "Wenn man in der deutschen Nachkriegsliteratur ein Beispiel nennen sollte für historisch bewusste, engagierte Dichtung, wer anders würde einem zuerst einfallen als Martin Walser?", so der Bundespräsident dort. Mit seinen Büchern und Essays habe Walser vielen Menschen die Augen geöffnet, "vor allem über das Land, in dem sie leben, und über die Zeit, in der sie leben. "Wir alle trauern um Martin Walser. Wir werden ihn nicht vergessen."

Petra Olschowski: "Wir sind sehr dankbar, dass Martin Walser seinen Vorlass dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach übergeben hat"

„Martin Walser war nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Schriftsteller, er war auch ein Zeitzeuge allererster Güte für die Entwicklung der Bundesrepublik in der Nachkriegszeit und im wiedervereinigten Deutschland", so Baden-Württembergs Kunstministerin Petra Olschowski Mit seinem literarischen Schaffen und seinen Beiträgen zur gesamtgesellschaftlichen Debatte habe er selbst Zeitgeschichte geschrieben. "Unsere Gedanken sind bei seiner Ehefrau und der Familie. Wir sind sehr dankbar, dass Martin Walser 2022 seinen Vorlass dem Deutschen Literaturarchiv in Marbach übergeben hat, wo sein Bestand dauerhaft bewahrt und erschlossen werden kann.“ 

Kathrin Röggla: "Mit Martin Walser geht einer der großen streitbaren Schriftsteller Deutschlands"

Martin Walser war seit 1975 Mitglied der Akademie der Künste. 
Kathrin Röggla, Schriftstellerin und Vizepräsidentin der Akademie der Künste, über Martin Walser: „Mit Martin Walser geht einer der großen streitbaren Schriftsteller Deutschlands. Seine Literatur war prägend für ganze Generationen, er hat wie wenige andere die politische Diskussion in diesem Land von Seiten der Literatur her angetrieben, oft polarisierend, mitunter unversöhnlich. Seine Werke kennen Auswege."