Mittels Fragebögen untersuchte Figge im Frühjahr eigenen Angaben zufolge die Frage, wie gut Verlagshäuser mit weniger als einer Millionen Euro Jahresumsatz für die digitale Zukunft gerüstet seien. Zu den wesentlichen Faktoren zählten unter anderem der Digitalisierungsgrad der Produktion sowie die Nutzung digitaler Vertriebswege und der Einsatz sozialer Medien für das Marketing.
Laut Studie fühlen sich drei Viertel der Verlage durch die Digitalisierung nicht gefährdet. Für sie bildeten das gedruckte Buch und der stationäre Buchhandel weiterhin den Kern ihrer Arbeit. Bei ihrem Geschäftsmodells setzten Kleinverlage fast ausschließlich auf gedruckte Bücher, die sie bei Barsortimenten lagern lassen, um so den Buchhandel zu erreichen. Zunehmend ergänzten sie dies durch direkte Vertriebswege zum Endkunden. Das Grundverständnis der Verlage lasse sich mit dem eines Kurators von Inhalten beschreiben, die sie in Form gedruckter Bücher vertreiben würden.
Technische Veränderungen würden von den Verlagen zwar wahrgenommen, schlügen sich aber in den Investitionen nur eingeschränkt nieder. So nutzen die meisten Verlage eine Standardsoftware (85 Prozent) etwa von Microsoft oder Adobe, setzen aber keine spezielle Verlagssoftware ein. Besonders auffällig sei, dass nur ein sehr kleiner Teil der befragten Verlage über medienneutrale Daten verfüge, halten Figge und sein Team in ihrem Forschungsbericht fest, der dem Börsenblatt vorliegt. Diese medienunabhängige Datenhaltung erleichtere die crossmediale Ausgabe verschiedener Datenformate und die automatische Belieferung von Medienkanälen und stelle eine wichtige Zukunftstechnologie dar. Bei Social-Media-Kampagnen arbeiteten die befragten Verlage nicht mit externen Unternehmen zusammen (92 Prozent) und überwachten ihre Social-Media-Werbemaßnahmen selten systematisch (84,6 Prozent nutzten keine Monitoring-Tools).
Die meisten Verlage hielten es zudem nicht für notwendig, die Veränderungen im Markt zumindest systematisch zu beobachten und zu analysieren.
Um innovative Produkte und Geschäftsmodelle zu entwickeln und um Produktion und Vertrieb digital zu gestalten, bedarf es der Studie zufolge einer Zusammenarbeit der Verlage bei Standards und Entwicklungen.
An der Studie haben 89 Verlage teilgenommen; 61 Fragebögen waren auswertbar und 36 konnten zur Clusteranalyse herangezogen werden. Angeschrieben wurden rund 1.700 kleinere und mittelgroße Verlage.
Lediglich ein Viertel der befragten Verlage nutzt – so eine Erkenntnis der Studie – die Möglichkeiten der Digitalisierung zum eigenen Vorteil. Aus diesen hat die Studie drei Gruppen/Cluster gebildet, die sich dadurch unterschieden, wie sehr die Verlage das Thema Digitalisierung auf jeder einzelnen Stufe des Produktions- und Vertriebsprozesses im Blick haben.
Die höchste Stufe bildet die „Avantgarde“ (5,6 Prozent der Verlage, das entspricht in dieser Studie zwei Verlagen), gefolgt von „Dienstleister“ und „Digitale“. Die Gruppen, die am wenigsten digital ausgerichtete sind und die drei Viertel der 36 Befragten ausmachen, bezeichnet die Studie als „Traditionelle“ und „Einsteiger“.
Die Verfasser der Studie warnen vor den Gefahren, die entstehen, wenn vor allem diese beiden Gruppen sich nicht digitalisieren. „Die Kulturvielfalt durch Kleinverlage ist mir sehr wichtig. Umso mehr wünsche ich mir, dass sich möglichst viele der ambitionierte Kleinverlage ihre Strategie an die zunehmende digitale Mediennutzung anpassen werden“, sagte Friedrich Figge. Sollten diese Verlage weiterhin den digitalen Wandel ignorieren, würden sie der Änderung der Medienlandschaft auf Dauer nicht gewachsen sein.
Bei den Ergebnissen der Studie ist zu beachten, dass die Untersuchung vor Beginn der Corona-Pandemie durchgeführt wurde. Weil die Corona-Krise in den vergangenen Monaten in der deutschen Wirtschaft und auch in der Buchbranche als Katalysator für die Digitalisierung gewirkt und für einen Digitalisierungsschub gesorgt hat, könnten die Ergebnisse heute anders aussehen. Zudem beträgt die Basis lediglich 61 Verlage.
Erstens ist die befragte Gruppe viel zu klein.
Zweitens scheint sie die Realität für die meisten echten Kleinverlage völlig zu verkennen.
Ich weiß nicht, was Professor Figge unter Kleinverlagen versteht, aber wenn all die digitalen Hilfsmittel, die man als Verlag offenbar lebenswichtig braucht, um im Wettbewerb zu bestehen, inklusive externer Medienkampagne mehr kosten, als ich als Kleinverlag im ganzen Jahr überhaupt einnehme, und mir dann als verschlafen angekreidet wird, dass ich lieber mit vorhandenen Bordmitteln arbeite, dann lebt er auf einem anderen Stern.
Einmal abgesehen von der Kleinigkeit, dass der Wettbewerb im Kleinverlagsbereich eher eine Kooperation ist. Wir helfen uns gegenseitig, geben Tipps, tauschen auch schon mal Autoren aus, wenn es vom Sortiment besser passt, usw.
Und was unsere Teilnahme an der digitalen Welt angeht:
Die Kleinverleger, die ich kenne, sind alle digital unterwegs - Kunststück, wir verkaufen schließlich den Löwenanteil unserer Bücher im Internet, nicht in den Buchhandlungen (die anscheinend bei Kleinverlagen Bedenken haben, vermutlich halten sie uns ebenfalls nicht für ausreichend kompetent). Wir haben zum Beispiel eine virtuelle Messe im März bereits organisiert, als die Leipziger Buchmesse noch nichts dergleichen von sich hören ließ, viele Kleinverlage haben jetzt zur Frankfurter Buchmesse einen virtuellen Stand (endlich mal einer, den wir uns preislich leisten können, da dieses Jahr ausnahmsweise gratis!), wir treffen Kunden, Leser, Rezensenten, Autoren, Lektoren, Korrektoren und Grafiker im Internet, unsere Druckaufträge laufen digital, und glauben Sie mir, unsere Bücher sind nicht schlechter als die der Großverlage, nur, weil unsere Auflagen winzig sind.
Mein eigener Verlag besteht im Kern aus mir und meinem Computer. Verraten Sie mir, was daran nicht digital ist. Und er besteht schon seit 15 Jahren. So fürchterlich schlecht kann er eigentlich nicht gewirtschaftet haben, trotz vermeintlich unzureichender digitalen Kompetenz.
Ach ja, und das Hauptgeschäft liegt, zumindest bei mir, eindeutig bei den Ebooks. Da physikalische Bücher immer noch Buchhandlungen brauchen, wenn sie genügend verkauft werden sollen, und die Buchhandlungen ...
Aber das hatte ich oben bereits erwähnt.
Das heißt also, dass Kleinverlage keineswegs pauschal eher auf gedruckte Bücher setzen. Es ist eher so, dass die Ebooks (zumindest bei mir) die gedruckten Bücher subventionieren.
Wie mir mit unserer Online-Befragung herausfinden konnten, sieht das für die große Mehrheit Ihrer Kolleginnen und Kollegen aber nicht so aus. Und ja: Unsere Zahlen sind angesichts der Größe der Zielgruppe aussagekräftig.
Ich bin seit über 25 Jahren in der Verlagsbranche, besonders im digitalen Bereich, tätig und kenne und schätze viele Kleinverlegerinnen und -verleger. Um so mehr betrübt mich ,unabhängig unserer Untersuchung, die von Jahr zu Jahr sinkende Zahl von Kleinverlagen. Wenn man sich eine typische Produkt- bzw. Marktzykluskurve ansieht , dürfte sich dies beschleunigen. Wenn es nicht einen strukturellen Wandel gibt, den Sie schon aktiv angegangen sind.
Ich habe mehrfach als Abteilungs- und Verlagsleiter einen digitalen Workflow eingeführt und später auch Verlage aller Größen erfolgreich dabei beraten. Ich kenne die Mühe, aber auch die Leichtigkeit, wenn -wie Sie-weiß, wie man das angehen kann..
Dass selbst die deutliche und auf den Buchtagen prominent vorgestellte Quo Vadis-Studie von Börsenverein/Gfk ( file:///C:/Users/F/Downloads/Buchkaeufer_quo_vadis_Bericht_Juni_2018_Kernergebnisse%20(6).pdf )offenbar bei vielen Kleinverlagen keine nachhaltige Wirkung erzeugt hat, ist schade wegen des persönlichen Einsatzes, der Kreativität und des leidensfähigen Engagements gerade auch für Randthemen, vergessene Autoren oder andere Werke, die für Großverlage nicht interessant sind.
Wir hatten eine intensive und anregende Diskussion Anfang März mit unseren ersten Ergebnissen mit ca. 30 Kleinverlagen beim Börsenverein Berlin-Brandenburg.. Da waren alle möglichen Arten von Verlegerinnen und Verlegern vertreten: Von einem Zwei-Personen-Verlag, der weitgehend mit XML arbeitete bis zu einem Verlag, der fast alles digitale ablehnte. Was mich sehr gefreut hat: Meinem Gefühl nach hatten wir einen Stein ins Rollen gebracht.
Sie brauchen unseren Rat nicht, aber viele Ihrer engagierten Kolleginnen und Kollegen. Meine Bitte an Sie: Geben Sie ihr Wissen weiter, bspw. auch bei Treffen von Kleinverlegerinnen und -verlegern.
Ihnen weiterhin viel Erfolg! Friedrich Figge
Bislang hatte ich nicht den Eindruck, besonders gut digital aktiv zu sein. Im Vergleich mit den mir näher bekannten Kleinverlagen ordne ich mich selbst eher im MIttelfeld ein. Aber wenn einer Ihrer Studierenden meinen Verlag näher unter die Lupe nehmen soll, gerne, Studenten brauchen Projekte, das unterstütze ich, und vielleicht fallen da in der Zusammenarbeit ja auch für mich noch ein paar Informationen ab.
Wie ich bereits schrieb, mein Verlag existiert seit 15 Jahren, und als ich anfing, gab es bereits Kleinverleger, von denen ich mir Rat und tatkräftige Hilfe auch im digitalen Bereich holen konnte. Das mache ich natürlich umgekehrt heute ebenfalls für junge VerlegerInnen. Die Kleinverlagsszene ist normalerweise in gegenseitiger Hilfe sehr offen. Insofern rennen Sie mit Ihrer Bitte um Wissens-Weitergabe bei meinen KollegInnen und mir offene Türen ein.
Was die Zukunft betrifft.
Meine persönliche Meinung ist, dass gerade in den Kleinverlagen eine Menge Potential steckt, das nur nicht zum Tragen kommt, weil wir wirklich zu klein sind, um uns ausreichend bemerkbar zu machen. Fast alle Kleinverlage haben eine sehr dünne Kapitaldecke, die keine Experimente erlaubt, und so Sachen wir größere Lagerretouren der Buchgroßhändler können einem Kleinverlag mit etwas Pech bereits durch eine einzige größere Remission das Genick brechen.
Wie Ihnen bekannt sein dürfte, sind die Banken mit der Finanzierung solcher Mini-Unternehmen auch nicht unbedingt hilfreich.
Aber die Kleinverlage muss es weiter geben. Wir sorgen für die Vielfalt, die bei den großen Verlagen mangels Wirtschaftlichkeit unter den Tisch fällt.
Natürlich machen das auch die Selfpublisher, aber zum einen sind nicht alle Autoren dazu bereit oder in der Lage, Selfpublisher zu sein, zum anderen sind die Grenzen zwischen Selfpublishern und Kleinstverlagen fließend. Auch mein Verlag ist aus einem selbst verlegten Buch entstanden.
So, wie ich es sehe, werden sich Gott sei Dank immer wieder engagierte Buchliebhaber finden, die allen Widrigkeiten zum Trotz einen neuen Kleinverlag gründen und damit die Buchwelt bereichern.
Es freut mich, dass Sie zu Beginn soviel Solidarität auf dem digitalen Feld erfahren habe und auch bereit wären selbst Ihr digitales Wissen zu teilen. So hatte ich Kleinverlegerinnen und Kleinverleger als grundsätzlich solidarisch eingeschätzt, sofern das digitale Wissen da ist.
Ihre o. g. Meinungen teile ich voll und ganz bis auf einen Punkt: Gemessen an unserer Umfrage gehören Sie ganz klar mind. in das digitale Cluster ( http://www.verlagederzukunft.de/forschung/ ). Und damit zu den Vorreiterinnen. Meine Lebenserfahrung hat mir gezeigt, dass sich digital offene Menschen gern mit anderen digital Erfahrenen verknüpfen. Das mag Ihre Selbsteinschätzung beeinflussen.