Täglich eine Geschichte
Welchen Stellenwert hat das Vorlesen in Kitas? Die diesjährige Vorlesestudie von Stiftung Lesen, "Die Zeit" und Deutsche Bahn Stiftung hat die diesbezügliche Praxis in Kindertagesstätten untersucht.
Welchen Stellenwert hat das Vorlesen in Kitas? Die diesjährige Vorlesestudie von Stiftung Lesen, "Die Zeit" und Deutsche Bahn Stiftung hat die diesbezügliche Praxis in Kindertagesstätten untersucht.
Befragt wurden dazu 507 pädagogische Fachkräfte aus Einrichtungen, die repräsentativ für Kitas in Deutschland sind. In 91 Prozent dieser Kitas erhielten der Untersuchung zufolge Kinder mindestens einmal am Tag Impulse durch Geschichten. Dabei spielte allerdings die Berührung mit dem Medium Buch nur bedingt eine Rolle; die Frage lautete: "Bitte schätzen Sie einmal, wie oft ein Kind im Schnitt in Ihrer Kita mit Geschichten in Berührung kommt – egal ob sie jemand vorliest oder ob das Kind selbst in einem Bilderbuch blättert, ein Hörbuch hört oder ihm jemand etwas erzählt". Auf diese Weise kamen 74% der Kinder mehrmals am Tag mit einer Geschichte in Berührung. "Vorlesen wird außerdem vielfältig in den Tagesablauf integriert: als festes Ritual, zu regelmäßigen Zeiten, bei spontanen Gelegenheiten oder aus pädagogischen Gründen, etwa um Kinder zu beruhigen“, so die Studie.
Wenn die Pädagog*innen selbst Kindern vorlesen und Geschichten erzählen, nutzen 60% von ihnen immer gedrückte Bücher, 39 % nutzen sie häufig; 56% nutzen dazu häufig Kamishibai, 45% häufig Hörspiele. in 39% der Kitas existieren Audio-Stifte wie Tiptoi oder Ting, 24% haben Tonie-Boxen.
88% der Kinder können in den Kitas jederzeit alleine Bücher nutzen, was bei digitalen Geräten nur selten der Fall ist.
"Geschichten begeistern und schaffen ein echtes Miteinander. Der Zugang zur Welt der Phantasie durch Vorlesen ist ein wichtiger Grundstein für die weitere kindliche Entwicklung und die Ausbildung einer guten Lesekompetenz“, meint Rainer Esser, Geschäftsführer der Zeit-Verlagsgruppe.
In 41 Prozent der Kitas nehmen die vom Umfragezentrum Bonn im Mai und Juni 2021 befragten Fachkräfte überdurchschnittlich viele Kinder wahr, denen Impulse durch Vorlesen zu Hause fehlen. Sie nennen unterschiedliche Gründe: Neben der Nutzung anderer Medien, zu wenig Zeit und zu wenig Lust zum Vorlesen fehlt es beispielsweise in Familien mit nicht-deutscher Herkunftssprache an Lesematerial in der eigenen Sprache. Die Hälfte der befragten Fachkräfte gibt an, dass außerdem Unsicherheit und fehlende Erfahrung beim Vorlesen eine Rolle spielen, aber auch eine fehlende Lesekompetenz der Eltern.
Die wichtige Rolle der Kitas hebt Sabine Uehlein, Geschäftsführerin Programme der Stiftung Lesen, hervor: „Kitas sind vorbildliche Schlüsselakteure in der frühen Leseförderung – sie erreichen fast alle Kinder mit ihren Vorlese-Impulsen“. Der Börsenverein und der Deutsche Bibliotheksverband zeichnet seit 2019 mit einem für drei Jahre gültigen Gütesiegel solche Kindertagesstätten aus, die im Bereich der frühkindlichen Leseförderung und der Lese- und Sprachentwicklung von Kindern besonders aktiv sind und den Kindern entsprechende Angebote und Materialien bereitstellen. Dort müssen die frühen kindlichen Erfahrungen rund um Buch-, Erzähl-, Reim- und Schriftkultur einen zentralen Stellenwert einnehmen und ein Schwerpunkt des pädagogischen Konzepts sein. Der Zugang zu Büchern und Geschichten ist in diesen Kitas selbstverständlich: Rucksack-Bibliothek, Buchkisten mit aktuellen Kinderbüchern, Vorlesepaten und regelmäßige Vorlesezeiten für alle Kinder gehören zum Alltag.