JIM-Studie 2020

Jugendliche lesen 20 Minuten mehr pro Tag

8. Dezember 2020
Redaktion Börsenblatt

Ein konstanter Vielleser-Anteil, weniger Nichtleser, eine Steigerung der täglichen Lesedauer und eine große Beliebtheit von WhatsApp und Tik-Tok: Die aktuelle JIM-Studie hat das Medienverhalten von Jugendlichen 2020 beleuchtet – mit vielen interessanten Ergebnissen.

Die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie haben sich auch im Mediennutzungsverhalten von Jugendlichen bemerkbar gemacht:

35 % der 12- bis 19-Jährigen lesen täglich oder mehrmals pro Woche gedruckte Bücher – und zwar ohne einen schulischen Hintergrund, in ihrer Freizeit. Auch wenn der Anteil dieser Vielleser fast unverändert ist (2019: 34 %), so wird 2020 deutlich länger gelesen als im Vorjahr: Die tägliche Lesedauer beträgt durchschnittlich 74 Minuten, 21 Minuten mehr als 2019 (53 Minuten).

"Das Lesen von gedruckten Publikationen bleibt fester Bestandteil des Medienalltags von Jugendlichen", hält die aktuelle JIM-Studie fest. Neben dem guten Drittel regelmäßiger Leser*innen greifen demnach weitere 19 Prozent innerhalb von 14 Tagen zum Buch, ein Drittel liest einmal pro Monat und seltener ein Buch. Der Anteil der Nichtleser*innen hat sich sogar leicht auf 15 Prozent verringert (2019: 18 %). Zum Zeitpunkt der Studie gaben – wie im Vorjahr – 51 Prozent der Jugendlichen an, dass sie aktuell mit der Lektüre eines Buches beschäftigt sind.

Trotz eines minimalen Anstiegs der Nutzungszahlen beim E-Book: "Gegenwärtig nimmt die elektronische Publikation aber immer noch keinen relevanten Stellenwert ein, wenn es um das Lesen von Büchern geht", konstatiert die JIM-Studie 2020. 9 % der Jugendlichen lesen täglich oder mehrmals pro Woche E-Books (2019: 7 %), die Gruppe der Jugendlichen, die überhaupt zum E-Book greifen, hat sich auf 38 Prozent erhöht (2019: 25 %).

Jungs lesen weniger

Bei den Leser*innen gibt es erkennbar geschlechtsspezifische Unterschiede: Während 42 Prozent der Mädchen regelmäßige Leserinnen sind, greifen bei den Jungs lediglich 28 Prozent täglich oder mehrmals in der Woche zum Buch. Auch ist der Anteil an Nichtlesern bei Jungen mit 20 Prozent doppelt so hoch wie bei den Mädchen. "Der formale Bildungsgrad beeinflusst die Affinität zum Medium Buch ebenfalls stark", hält die JIM-Studie fest: mit 40 Prozent ist die Gruppe der regelmäßigen Leser*innen am Gymnasium deutlich stärker vertreten als bei Jugendlichen mit formal niedrigerer Bildung (26 %). 24 Prozent der Schüler*innen an Haupt- und Realschulen geben an, dass sie in ihrer Freizeit niemals lesen. Am Gymnasium trifft dies nur auf zehn Prozent der Befragten zu. 

Mit zunehmendem Alter nimmt die Leseaktivität merklich ab. Stellt man die jüngsten Teilnehmer*innen der Befragung und die gerade erwachsen Gewordenen gegenüber so schrumpft die Gruppe der regelmäßigen Leser*innen merklich zusammen (von 42 % auf 26 %), während sich der Anteil der Nichtleser*innen von 14 auf 21 Prozent erhöht.

Weiteres Mediennutzungsverhalten

Der persönliche Besitz eines Computers oder Laptops ist von 65 auf 72 Prozent gestiegen, der eines eigenen Tablets von 25 auf 38 Prozent. Jeder dritte Jugendliche hat nun einen Fernseher mit Internetzugang.

Die tägliche Internetnutzungsdauer ist nach Einschätzung der Jugendlichen von 205 Minuten im vergangenen Jahr auf 258 Minuten in diesem Jahr im fast eine Stunde gestiegen. Verwendet wurde diese Onlinezeit für die Bereiche Unterhaltung (1/3), Kommunikation (27 %), Spiele (28 %) und Informationssuche (11 %). Die höhere Nutzungszeit für unterhaltende Inhalte im Netz spiegelt sich auch in der Nutzung von Streamingdiensten wider: 2020 haben 87 Prozent regelmäßig Videos auf Streaming-Plattformen gesehen (mindestens mehrmals pro Woche), im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 74 Prozent. Bei der Nutzung von Sendungen, Serien und Filmen im Internet stehen bei den Zwölf- bis 19-Jährigen Netflix und YouTube an erster Stelle. 

Für die Kommunikation nutzen 94 Prozent der Jugendlichen mindestens mehrmals in der Woche WhatsApp, um sich mit anderen auszutauschen. 87 Prozent der Schüler*innen haben eine WhatsApp-Gruppe mit ihrer Klasse. Instagram wird von 72 Prozent der Jugendlichen mindestens mehrmals in der Woche genutzt – mit steigender Tendenz. Auch bei Snapchat, Pinterest und Twitter lassen sich gegenüber dem Vorjahr Steigerungen feststellen. Zu den größten Gewinnern zählt aber die chinesische Plattform TikTok, deren regelmäßige Nutzung sich um 19 Prozentpunkte erhöht hat. Aktuell kommuniziert jeder vierte Junge und zwei Fünftel der Mädchen regelmäßig über TikTok.

Die durchschnittliche Zeit zum Fernsehen an Werktagen ist 2020 erstmals wieder auf mehr als zwei Stunden gestiegen.

Bei digitalen Spielen ist die durchschnittliche Nutzungsdauer 2020 um 40 Minuten auf 121 Minuten gestiegen. Deutlicher als bisher sind hier Unterschiede zwischen den Geschlechtern festzustellen: Jungen spielen mit 159 Minuten fast doppelt so lange wie Mädchen (81 Minuten).

Zur JIM-Studie

Für die repräsentative Studie wurden vom 8. Juni bis 20. Juli 2020 insgesamt 1.200 Jugendliche im Alter von zwölf bis 19 Jahren in Deutschland telefonisch oder online befragt. Herausgeber der JIM-Studie ist der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest (mpfs), getragen von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und der Medienanstalt Rheinland-Pfalz (LMK) in Kooperation mit der SWR Medienforschung.