Finnland

Hörbuch-Wachstum führt zu Fusionen

17. Februar 2021
Redaktion Börsenblatt

Der finnische Buchmarkt konnte 2020 ein ordentliches Plus bei Büchern und vor allem ein starkes Wachstum bei Hörbüchern verzeichnen. Letzteres treibt die Verlagsfusionen voran.

Bei gedruckten Büchern sind die Verkäufe um zwei Prozent gestiegen – die Nachfrage nach Hörbüchern und E-Books hingegen war so groß, dass sie zu einem Gesamtanstieg der Handelsbuchverkäufe um zwölf Prozent gegenüber den Zahlen für 2019 geführt hat. "Vor allem Hörbücher profitierten von der Schließung, nachdem sie bereits mehrere Jahre in Folge ein starkes Wachstum verzeichneten", schreibt der Journalist Karo Hämäläinen mit Blick auf das im Januar veröffentlichte Finnische Buchmarkt-Bulletin des FILI - Finnish Literature Exchange. Der Verkauf von Hörbüchern habe sich 2020 im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt. Während viele Finnen wegen des Homeoffice weniger gependelt seien als früher, hätten sie sich mehr auf die Bewegung und die Zeit im Freien konzentriert, was ihnen mehr Gelegenheiten zum Hörbuchhören geboten hätte. Hörbücher stellen in Finnland inzwischen ein wichtiges Segment dar: Im vergangenen Jahr machten sie fast ein Fünftel der Buchverkäufe im Handel aus.

E-Books hingegen machen zwar nur einen kleinen Teil des Gesamtmarkts aus - kleiner als Hörbücher -, sie haben  aber in der Pandemie einen riesigen Sprung gemacht: Die Verkäufe sind 2020 um 84 Prozent gestiegen. Den Anstieg der E-Book-Verkäufe führt Hämäläinen teilweise auf die Verbreitung von abonnementbasierten Buch- und Audiodiensten zurück: Wenn man sich dort anmeldet, um Zugang zu Hörbüchern zu erhalten, sind in derselben Gebühr auch E-Book-Bibliotheken enthalten. Der einfache Wechsel zwischen Hörbüchern und E-Books trage dazu bei, die Nutzung verschiedener Formate zu diversifizieren.

Belletristik-Anteil nimmt zu

Während bei den gedruckten Büchern das Sachbuch generell einen größeren Anteil als die Belletristik hat, ist bei den Audio- und E-Book-Formaten der Anteil der Belletristik größer. Der Unterschied hat sich 2020 vergrößert: Die Verkäufe von Belletristik-E-Books und -Hörbüchern sind stärker gestiegen als die Verkäufe von Sachbüchern in den gleichen Formaten. Die Verkäufe von gedruckten Belletristik-Titeln stiegen im vergangenen Jahr um elf Prozent, während die Verkäufe von gedruckten Sachbüchern um sechs Prozent zurückgingen.

Hörbuch-Boom treibt Übernahmen voran

"Verlagsfusionen wurden durch die Hörbücher vorangetrieben", so Hämäläinen. "Größere Verlage genießen eine deutlich bessere Verhandlungsposition in Bezug auf Hörbuch- und E-Book-Plattformen im Vergleich zu mittleren und kleinen Verlagen." Der Verkaufszyklus und die Rendite von Investitionen für Hörbücher unterscheiden sich von denen für gedruckte Bücher. "Wenn die Eigentümer eines Verlags einen Verkauf in Erwägung ziehen, tun sie dies, bevor sie in ein groß angelegtes Hörbuch-Projekt investieren. Andererseits gewinnen die Backlists von Verlagen, die zum Verkauf angeboten werden, in der Hörbuchwelt einen neuen Wert." Erfolgreiche Serien in den Backlists kürzlich erworbener Verlage würden schnell zu Hörbüchern gemacht.

Das Hörbuch-Wachstum habe eine Fusionswelle in der finnischen Verlagswelt ausgelöst. "Es gibt jetzt eine deutlichere Aufteilung in zwei Lager, die sich um die Verlage Otava und WSOY gruppieren", stellt Hämäläinen fest. Die Otava-Gruppe ist ein Familienunternehmen, dem auch die marktbeherrschende Buchhandelskette Finnlands gehört. WSOY ist im Besitz der schwedischen Bonnier-Gruppe, die auch stationäre Buchhandlungen in Finnland sowie die Online-Buchhandlung Adlibris besitzt. Im vergangenen Herbst hatte Otava den Verlag Atena Kustannus erworben: "Atena hat in den letzten Jahren ein Händchen dafür gehabt, Trends vor anderen Verlagen zu erkennen, und ist besonders stark im Sachbuchbereich", urteilt Hämäläinen. Zu den größten Erfolgen des Verlags gehörten der jüngste Boom bei Malbüchern für Erwachsene, die populären Psychologiebücher des schwedischen Autors Thomas Erikson und der letztjährige Sachbuch-Blockbuster "Extraordinary Women of History" der finnischen Schriftstellerin und Journalistin Maria Pettersson, der Mini-Biografien herausragender und ungewöhnlicher Frauen enthält, die von Historikern übersehen wurden.

Zu Weihnachten gab WSOY die Übernahme von Docendo sowie von Minerva bekannt. "Der Docendo-Deal war eine Art Heimkehr, da Docendo zuvor im Besitz von WSOY war, dann aber in einem Management-Buyout inmitten der Reorganisation der Muttergesellschaft ausgegliedert wurde", hält Hämäläinen fest. Als unabhängiges Unternehmen habe Docendo sein Angebot von den früheren technikorientierten Sachbüchern auf allgemeine Sachbücher erweitert und in den vergangenen Jahren auch auf einige Belletristiktitel. Wie Docendo konzentriert sich auch Minerva auf Sachbücher; Minerva ist Finnlands führender Verlag für Sportbiografien internationaler Persönlichkeiten.