Geboren am 5. Juni 1955 in Kapsia, Afghanistan, war er in seiner Heimat nicht nur ein angesehener Schriftsteller und Journalist, sondern auch ein Kritiker der afghanischen Regierung, wenn es um Machtmissbrauch und Korruption ging. Mit Afghanistan verbindet uns das Bild von Krieg und Terror. Dawood Siawash gehörte zu denen, die ihrem Land eine andere Stimme gaben: eine Stimme des Friedens, der Menschlichkeit und der Künste als Gegenentwurf zu Gewalt und Zerstörung. Aber er war nicht nur diese Stimme: er lebte das, was er sagte und schrieb. Seine Arbeit für Zeitungen, die er entweder gründete oder für die er Texte verfasste, darunter die Zeitung „Armaghan-e-Melli“ („Nationales Geschenk“), oder seine intensive Auseinandersetzung mit dem aus Afghanistan stammenden Sufi-Gelehrten Dschalal ad-Din ar-Rumi (1207-1273), dessen Weisheiten er ganz besonders Kindern vermittelte, zeugten von seiner tiefen Menschlichkeit. Diejenigen, die ihn kennenlernen durften, erlebten einen ganz besonderen Menschen. Die Frage nach dem „Warum“ von Krieg und Unmenschlichkeit trieb ihn zeitlebens um.
Ein schwerer Schlag traf die Familie, als sein ältester Sohn Yama am 7. November 2020 in Kabul durch eine Autobombe ermordet wurde. Es war ein gezielter Anschlag auf den jungen Journalisten, der, wie sein Vater, über Missstände und Korruption in seinem Land aufklärte.
Kurze Zeit später floh die Familie über Indien nach Deutschland. Hier arbeitete Dawood Siawash unermüdlich weiter. Die Ermordung seines Sohnes kam in mehreren seiner hier geschriebenen Gedichte zum Ausdruck. Eines davon trug er im Mai anlässlich der PEN-Tagung in Tübingen vor; ein erschütternder aber wichtiger Moment in seinem Leben, wie er später sagte. Noch am 23. August war er, in guter Verfassung, im Schloss Bellevue, anlässlich eines Empfangs des Bundespräsidenten.
Seit dem Abend des 17. September galt Dawood Siawash als vermisst. Die Nachricht seines Todes, die wir am 20. September erhielten, erfüllt uns mit schmerzlicher Trauer. Unser Mitgefühl gilt ganz besonders seiner Familie, vor allem auch seinem Sohn Baktash, ebenfalls Stipendiat des Writers-in-Exile-Programms. Dawood hinterlässt seine Frau und fünf Kinder.
Wir danken allen Einsatz- und Rettungskräften, die sehr umfangreich nach Dawood Siawash gesucht haben. Gleichermaßen gilt unser Dank allen, die mit der Familie verbunden sind und ihr in diesen unfassbaren Stunden zur Seite stehen.
Für das PEN-Zentrum Deutschland und das Writers-in-Exile Programm
Astrid Vehstedt
Writers-in-Exile-Beauftragte und Vizepräsidentin