Interview mit Thomas Wörtche

"Schwer zu sagen, was ein Thriller eigentlich ist"

1. Februar 2023
Michael Roesler-Graichen

"Thriller" ist eine äußerst beliebte Genrebezeichnung für alle Spannungstitel, auf die das Etikett "Kriminalroman" nicht passt. Doch die Kriterien für die Einordnung seien nicht trennscharf, meint der Krimiexperte Thomas Wörtche. Viel häufiger sei Marketing im Spiel. 

Wie steht es um den Thriller?

Wenn das so einfach zu beantworten wäre. Im Grunde kann ich kaum sagen, was ein Thriller eigentlich ist. Es ist in meinen Augen eher eine Verlegenheitsbezeichnung für Spannungsromane, die man nicht einordnen kann. Es gibt die Definition, der Thriller sei ein Kriminal­roman ohne Ermittler. Dagegen lassen sich viele Thriller anführen, in denen es sehr wohl Ermittlerfiguren gibt. Außerdem gibt es im Lauf der Zeit auch Verschiebungen: Während man früher Patricia Highsmiths Romane häufig als Psychothriller bezeichnete, ist heute die Bezeichnung Roman geläufig. Von Psychothriller spricht man heute meist, wenn ein Serientäter die Hauptrolle spielt. Politthriller nennt man Romane wie Merle Krögers »Experten«, auch wenn ich heute vielleicht eher zu Roman tendieren würde, um die Lesererwartungen nicht zu enttäuschen. Wenn ein Buch als Thriller verkauft wird, dient dies vor allem Marketingzwecken.
 

Gibt es formale oder inhaltliche Trends, die ins Auge fallen?

Spannungsautoren arbeiten heute mit zahlreichen Kombinationen; die Formen werden liquider. Es gibt historische Thriller wie James Kestrels »Fünf Winter« oder Romane wie »Gone Girl«, die man in den USA als »domestic suspense« bezeichnet. Der Bezeichnung Psycho­thriller haftet hingegen oft etwas Unseriöses an.
 

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