Auch im hohen Alter hatte Gräfin Schönfeldt nichts von ihrer Neugier, von ihrem Wissensdrang, von ihrer Lust auf Austausch verloren. Noch im vergangenen Jahr telefonierten wir über ihren Küchenkalender und ihre Kochbücher für die älteren Alleinstehenden, aber es war völlig klar, dass es bei diesem einen Thema nicht bleiben konnte, denn die Gräfin verstand es immer, Gespräche in korrespondierenden Bögen aufzubauen, und dann waren wir im Nu bei Fridays for Future, bei der Klimaerwärmung, bei ihrer eigenen Jugend und und und. Sie bedauerte ihre zunehmende Immobilität; seit gut 60 Jahren wohnte sie in Hamburg in der Nähe der Alster in einem mehrstöckigen Haus unter dem Dach, was ihre Beweglichkeit eben einschränkte. Von ihrer geistigen Wendigkeit indes hatte sie kein Fitzelchen eingebüßt, und wie in früheren Jahrzehnten sagte sie, typisch: "Warten Sie mal kurz" und hatte, noch während sie weitertelefonierte, kurze Zeit später das Buch mit dem von ihr im Gespräch gesuchten Zitat aus einem Regal gezogen oder einem Stapel gefischt. Ebenso typisch für sie war, dass sie einem en passant immer noch ein paar Lebensweisheiten mit auf den Weg gab, einen Satz, über den man noch länger nachdachte. Wenn auf jemanden das Adjektiv "belesen" vollumfänglich passt, dann auf Sybil Gräfin Schönfeldt – und das Wunderbare daran war, dass sie alle um sich herum und ihre Leser:innen jederzeit daran teilhaben ließ.