Im Erdgeschoss des Forums der Messe rund um die Literaturbühne herrscht nach dem Auftritt Roberto Savianos eine Atmosphäre wie nach einem Rockkonzert, das Publikum ist begeistert. Der Bestsellerautor bahnt sich mit Security langsam einen Weg zum Backstage-Bereich, gibt geduldig Autogramme und macht Selfies mit den Fans. Den Betreuer:innen ist die Sorge ins Gesicht geschrieben: In diesem Gedränge könnte Unvorhergesehenes passieren. Roberto Savianos neuestes Buch "Falcone" erzählt die Geschichte des Mafia-Jägers Giovanni Falcone, der wusste, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit umgebracht werden würde und trotzdem in seiner Gerechtigkeitsliebe nie nachließ. "In seiner Leidenschaft ist das Publikum in Deutschland dem in Italien ähnlich: Die Lerser:innen wollen dem Autor begegnen, wollen ihn berühren, wollen ihm etwas sagen, etwas zurückgeben. Das hätte ich ganz am Anfang nicht gedacht: Als 2007 'Gomorrha' erschien, hatte ich mich auf ein distanziertes und sehr zurückhaltendes deutsches Publikum gefasst gemacht. Aber so war es nie und ist es bis heute nicht", sagt Saviano. Und doch gebe es Unterschiede, vor allem in den Medien und bei der Literaturkritik.
Italienische Interviewer und Rezensenten konzentrierten sich weniger auf das Buch, sondern mehr auf die Meinungen des Autors. Sie wollten wissen, was der Autor denkt – auch im Allgemeinen. Das seien dann Gespräche besonders über Politik und Kultur. "Der italienische Interviewer will nichts über die Sprache im Buch, über den Stil, über die Schreibarbeit wissen. In Italien ist man darauf fokussiert zu erfahren, wie der Autor die Welt sieht. Bei der immer geringer werdenden Meinungsfreiheit ist das auch verständlich. In Deutschland hingegen konzentriert man sich viel stärker auf die jeweilige Neuerscheinung, auf das aktuelle Buch. Dass der Autor eine Meinung hat, das ist hier eh klar; das muss nicht abgefragt und herausgestellt werden."