Bilanz von literaTurm in Frankfurt

Literatur und Debatten vor Skyline-Kulisse

5. Juli 2022
Redaktion Börsenblatt

"Risse" lautete das Motto des Frankfurter Literaturfestivals literaTurm 2022. Ein Schwerpunkt lag auf der Literatur aus Ost- und Mitteleuropa – die Eröffnung stand im Zeichen der Ukraine. Die Veranstalter ziehen eine positive Bilanz.

Es war die 11. Auflage des biennalen Literaturfestivals literaTurm (27. Juni bis 3. Juli), das in Frankfurter Hochhäusern mit spektakulären Aussichten über die Mainmetropole stattfindet.

Das Festival umfasste 34 Programmpunkte und stand in diesem Jahr unter dem Motto "Risse". Es legte einen Schwerpunkt auf die Literatur aus Ost- und Mitteleuropa. Die Veranstaltungen waren zum überwiegenden Teil ausverkauft und zogen 2.800 Zuschauer:innen an, berichtete am heutigen Dienstag das städtische Kulturamt als Ausrichter.

Die Frankfurter Kulturdezernentin Ina Hartwig würdigt das Festival: "Ich freue mich wirklich sehr über den ausgesprochen großen Erfolg von literaTurm 2022. Das Programm reflektierte Verwerfungen in Geopolitik, Gesellschaft und im Biografischen. Dass das Publikum so zahlreich erschienen ist, zeigt, dass die Resonanz dann groß ist, wenn Themen der Zeit verhandelt werden. Ich danke dem gesamten Team unter Dr. Sonja Vandenrath für die geleistete Arbeit im Vorfeld und während des Festivals."

Zu den renommierten Gästen zählten unter anderem Karl Heinz Ott, László Krasznahorkai, Steffen Mau, Senthuran Varatharjah, Nahid Shahalimi, Natalie Amiri, Christiane Hoffmann, Oliver Nachtwey, Peter Sloterdijk, Lea Ypi, Sasha Filipenko, Katerina Poladjan, Viktor Jerofejew, Ferenc Barnás, Hendrik Bolz, Artur Klinau, Judith Hermann, Dana von Suffrin, Katja Oskamp, Lena Gorelik, Andrej Kurkow, Johanna Bator, Maria Stepanova, Karl Schlögel, Lea Ypi, Tanja Maljartschuk. Insgesamt waren 45 Autor:innen zu Gast.

"Der 24. Februar war ein Weckruf"

Sonja Vandenrath zieht Bilanz als Programmleiterin: "Die Literatur hat von je her ein besonders feines Sensorium für Erschütterungen und Brüche. Dass aus den Rissen als einem eher diffusen Zeitgefühl eine bittere Realität werden kann, wissen wir seit dem 24. Februar 2022. Ein Weckruf auch für uns: Wir haben unser Programm daraufhin um bedeutende Autorinnen und Autoren aus Mittel- und Osteuropa erweitert. Die interdisziplinären Panels spiegeln unseren Anspruch auf Aktualität und Relevanz, den das Publikum sehr honoriert. Den Eventcharakter des Festivals erzeugen die Veranstaltungsorte in den höchsten Etagen Frankfurter Hochhäusern."

Zu den Höhepunkten des Festivals habe die Eröffnung mit Lea Ypi, Tanja Maljartschuk, Gerd Koenen und Viktor Jerofejew gezählt, die ganz im Zeichen der Ukraine stand, das Lesungskonzert mit Judith Hermann und dem Ensemble Modern sowie die Diskussion mit Karl Schlögel zu Russland und diejenige mit Ivan Krastev zu Europa nach dem Angriff auf die Ukraine.

Großen Zuspruch hätten auch die Debatten zur deutschen Erinnerungskultur erhalten, zur Situation von Frauen in Afghanistan, zur Wut von berufstätigen Müttern, zu Ostdeutschland in den Nachwendejahren sowie zur Klassengesellschaft.

Am Sonntag fand zum ersten Mal in der Historischen Villa Metzler ein Kinderprogramm statt.