Leipziger Buchmesse Tag 1

"Ui, voller als gedacht"

28. April 2023
Stefan Hauck

Tag eins der Leipziger Buchmesse ist vorbei. Die Schülergruppen erkunden die Messe, die Verlagsstände sind umlagert und neue Formate werden ausprobiert. Messeimpressionen von Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck. 

Der erste Tag auf der Leipziger Buchmesse nach der Pandemie: Das ist ein großes Hallo und ein „Ui, voller als gedacht“. Zwar sind die Gänge in den Hallen mindestens doppelt so breit wie 2019, was ein bequemes Durchkommen ermöglicht und endlich mal keine Staus verursacht – stellt man sich die Gänge in der alten Breite vor, dann wäre es aber mit den vielen Leuten ganz schön eng. Denn viele haben den Weg gefunden nach draußen aufs Messegelände, die Schulklassen unterschiedlichster Altersgruppen sind wieder da, die ralleymäßig die fünf Hallen erkunden („ja, kannste am Stand kaufen“, „ich will nochma zu den Sachbüchern“, „wir müssen später unbedingt zu den Manga“), Leseförder:innen, Eltern, Krimifreunde, Feuilletonleser:innen, Buchhändler:innen … die bunte Mischung.

Die Verlagsstände sind umlagert, 2082 Aussteller haben Platz gefunden, rund 500 weniger als 2019. Lesungen finden statt und andere Veranstaltungen, wofür es in diesem Jahr auch ganz neu kleine Iglus gibt, die zwar gut den Lärm des Messetrubels abschirmen und für gute Akustik innen sorgen – nur möchten viele erst gar nicht rein in die Enge, weil der Corona-Nachhall noch tief sitzt („nee, lass mal, da will ich lieber nicht rein …“). Und die, die dann am Eingang stehen und doch nicht reinwollen, sperren den anderen den Weg ins Iglu-Innere ab. Und wenn der kleine Innenraum voll ist, steht wie bei der Veranstaltung zum Leipziger Lesekompass die andere Hälfte der Leute draußen und kriegt optisch wie akustisch nix mit – nein, ein Geniestreich ist, so die einhellige Meinung an Tag 1, so ein Iglu nicht. 

Während in den Hallen viel los ist und man schon die Slaloms um die Leute in den Messegängen dreht, ist es unter dem dank Sonne hübsch warmem Glasdach noch recht übersichtlich. Das wird am Wochenende garantiert voller, aber heute spielt die Musik an den Verlagsständen. Wo selbstverständlich noch die Musik spielt, und zwar mit größtmöglichem Publikumsandrang, das ist die Halle 1 und die halbe Halle 3, wo das Thema Manga augenfällig ausgebreitet ist: „das ist richtig hype“ und „schon heavy“ und „intense“ oder „mega nice“, wie es die junge Zielgruppe selbst anerkennend formuliert. Allüberall sieht man die Manga-Held:innen in ihren sorgfältig geschneiderten Kostümen, im Spiegel der Glasröhren zwischen den Hallen wird im Vorübergehen prüfend am Stoff gezupft, damit alles richtig sitzt, sie freuen sich, dass sie endlich, endlich wieder in Leipzig sein dürfen, um zu posieren und fotografiert zu werden. Dazwischen wird an langen Tischen gespielt, ein Eldorado für Schülergruppen. 

Um 18 Uhr bedankt sich die Messe bei den Besucher:innen über Lautsprecher für ihr Kommen, aber Schluss ist deswegen noch nicht. An den Ständen wird noch weitergeredet, hie und da eine Flasche geöffnet und unter der Kuppel lädt das ZDF zum Literarischen Quartett mit Kritiker:innen Ü19. Einer von ihnen schreibt am nächsten Tag Abitur, was ihm sichtbares Daumendrücken der Zuhörerschaft sichert. Man probiert überhaupt neue Formate aus; in Halle 3 etwa steht ein Ü-Wagen, in dem Podcasts aufgenommen werden, die man auch live außen hört. Immer wieder Autor:innen auf Tuchfühlung mit ihrer Leserschaft, ein Baden in der Menge, unbekannte Autor:innen, die noch schüchtern in Dialog mit Messebesucher:innen treten, viele Indies, die hier wahrgenommen werden, reden, austauschen und sich schon auf Tag 2 der Leipziger Messe 2023 freuen. …