Auszeichnung

Freud-Preis an Karl-Heinz Kohl

26. Juli 2024
von Börsenblatt

Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung zeichnet Karl-Heinz Kohl mit dem Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa 2024 aus. Der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert und wird zusammen mit dem Georg-Büchner-Preis am 2. November in Darmstadt verliehen.

Karl-Heinz Kohl

Die Begründung der Jury:

"Den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa 2024 erhält der Ethnologe und Religionswissenschaftler Karl-Heinz Kohl, in dessen Schriften die Klarheit der Darstellung besticht und damit unsere historische Urteilskraft zu schärfen vermag. Sein Werk kreist um die Rekonstruktion des Verhältnisses der Europäer zu den indigenen Kulturen von der Frühen Neuzeit bis in die Moderne. Ob er als Feldforscher in Ostindonesien die Nacherzählung lokaler Schöpfungsmythen als Erkenntnisinstrument einsetzt, ob er aus der Perspektive der indigenen Kulturen den Fetischbegriff bei Karl Marx und Sigmund Freud erörtert oder als Theoretiker der materiellen Kultur die Überführung sakraler Objekte in museale Räume analysiert, ob er die Wissenschaftsgeschichte der eigenen Disziplinen in Porträtskizzen der Akteure verdichtet oder als Public Intellectual an den aktuellen Debatten über die Restitution von Sammlungsgegenständen teilnimmt, stets lebt seine Sprache von der Vermittlung zwischen Reflexion und Anschauung. In seinem Werk lernen die Europäer erst durch die Anerkennung der indigenen Kulturen, wer sie selber sind."

Zu Karl-Heinz Kohl

Karl-Heinz Kohl, geboren 1948 in Fürth, studierte Religions- und Geistesgeschichte, Religionswissenschaft, Ethnologie, Philosophie und Geschichte in Erlangen und an der FU Berlin, wo er sich 1986 habilitierte. 1989 wurde er an den ethnologischen Lehrstuhl der Universität Mainz berufen. 1996 übernahm er die Professur für Kultur- und Völkerkunde am Institut für Ethnologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und zugleich die Leitung des dortigen Frobenius-Instituts für kulturanthropologische Forschung, die er bis 2016 innehatte.

Ein längerer Feldforschungsaufenthalt führte ihn nach Ostindonesien, weitere Forschungsvorhaben nach Nigeria, an die amerikanischen Nordwestküste, in den Südwesten der USA und nach Mikronesien. 2001/2 lehrte er als Theodor-Heuss-Professor an der New School for Social Research in New York. Von 2007 bis 2011 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Völkerkunde. Des Weiteren übernahm er von 2019 bis 2020 die Gastprofessur am Münchner Zentrum für Antike Welten der Ludwig-Maximilians-Universität.

Karl-Heinz-Kohl ist Autor und Herausgeber zahlreicher Publikationen, darunter die in der dritten Auflage vorliegende Einführung »Ethnologie – die Wissenschaft vom kulturell Fremden« (1993/2012), »Die Macht der Dinge. Geschichte und Theorie sakraler Objekte.« (2003), »Das Humboldt Forum und die Ethnologie. Ein Gespräch zwischen Karl-Heinz Kohl, Fritz Kramer, Johann Michael Möller, Gereon Sievernich und Gisela Völger (2019) sowie zuletzt »Neun Stämme. Das Erbe der Indigenen und die Wurzeln der Moderne.« (2024)