Interview mit Sebastian Fitzek

Fitzek: "Ich kenne jede Tankstelle in Deutschland"

7. Mai 2021
Matthias Glatthor

Bestseller-Autor Sebastian Fitzek hat mit seinem neuen Buch, ausdrücklich "kein Thriller", sofort Platz 1 unserer Belletristik-Charts erobert. Im Interview erzählt er, warum er etwas anderes als sonst schreiben wollte und wie es ihm in der Corona-Krise geht.

Neu auf Platz 1 ist Sebastian Fitzek mit "Der erste letzte Tag" (Droemer; ET: 28. April) in unseren Belletristikcharts (Paperback) eingestiegen.

Es ist "Kein Thriller" wie es ausdrücklich auf dem Cover heißt, sondern ein "Roadtrip voller Komik": Livius Reimer fährt mit einem Mietwagen von München nach Berlin zu seiner Frau, seine Ehe wackelt. Den Wagen muss er sich mit der jungen, unkonventionellen Lea teilen. Börsenblatt online hat Sebastian Fitzek dazu einige Fragen gestellt.

 

Herr Fitzek, diesmal kein Thriller – wie kam es dazu? Wollten Sie etwas anderes ausprobieren?
Das war keine bewusste Entscheidung. Ich weiß nicht, warum es mich öfter auf die dunkle als die lustige Seite einer Geschichte zieht. Die Idee zu "Der erste letzte Tag" hatte ich schon vor vier Jahren und auch bereits 40 Seiten geschrieben. Dann habe ich aber doch wieder an einem Thriller weiter gearbeitet. Jetzt fragte mein Verlag mich, ob ich zu seinem 175. Jubiläum etwas beitragen könnte, das etwas anderes ist als sonst. Da fiel mir das Buch wieder ein und ich schrieb weiter.

War es einfach, den Schreibstil umzustellen?
Das ist gar keine Umstellung. Komödie und Thriller liegen eng beieinander: Menschen werden mit einer außergewöhnlichen Frage konfrontiert und müssen sich entscheiden. Das Tempo ist hoch, es kommt aufs Timing an und am Ende braucht es eine Pointe.

Wie haben Sie die beiden Hauptfiguren entwickelt?
Ich finde mich eigentlich in allen meinen Romanfiguren wieder. Livius ist zwar erst 32, aber gewisse Ähnlichkeiten will ich nicht leugnen. Bei ihm und Lea hat mein Unterbewusstsein, denke ich, eine noch größere Rolle gespielt als sonst. Wobei ich hoffe, dass ich nicht ganz so spießig bin wie er.

Über welche Inhalte konnten Sie so besser schreiben, als in einem Thriller?
Ich brauchte mal Abstand zum Thriller. Was wir momentan in der Pandemie erleben ist ein Realtime-Thriller, da wollte ich etwas zum Durchatmen. Wenn wir nach den ganzen Horrormeldungen etwas zu lachen benötigen, dann momentan, finde ich.

Ich habe mich in "Der erste letzte Tag" mit grundlegenden Fragen auseinander gesetzt: Was ist uns wirklich wichtig im Leben, welche Begegnungen, was wollen wir? Aber auch mit Fragen wie Was wollen wir vielleicht nicht? Ich glaube, das sind Fragen, die wir uns während der Pandemie stellen. Darum geht es in dem Buch, aber auch in unserem Leben, das wir gerade leben.

Das Buch handelt von einem Roadtrip durch Deutschland – konnten Sie dabei auf eigene Erfahrungen zurückgreifen?
In normalen Zeiten bin ich viel unterwegs, auf Lesereise, zu Veranstaltungen und Festivals. So habe ich seit 2006 ungefähr 100.000 Kilometer Autobahn abgefahren. Das ist auch eine Art Roadtrip. Ich würde behaupten, dass ich inzwischen jede Tankstelle in Deutschland kenne.

Ist Corona und die Situation in Deutschland auch ein Thema im Buch?
Ich habe bereits ein Buch über eine Pandemie geschrieben, "Noah", und hätte mir gewünscht, dass dies niemals real wird.

Über ein Jahr Corona-Pandemie: Was hat das mit Ihnen als Autor gemacht?
Uns Künstlern fehlen gerade die Inspirationen. Es ist nicht so, dass wir im stillen Kämmerlein sitzen und vor uns hinschrieben. Ich brauche Menschen um mich herum, ich beobachte sie und entwickle so Ideen. Das fehlt zur Zeit leider vollkommen. Aber ich will nicht klagen. Ich habe so auch mehr freie Zeit für meine Freundin und meine Kinder.

... und für eine Charity-Aktion: Sie hatten im vergangenen Jahr die Anthologie "Identität 1142" initiiert – die Erlöse sollten an das Sozialwerk des Deutschen Buchhandels gehen. Wieviel kam dabei zusammen?
Wir konnten im April aufgerundet 220.000 Euro ans Sozialwerk überweisen. Ich freue mich unheimlich darüber, dass die Leistung von so vielen phantastischen Autorinnen und Autoren einen Teil zur Unterstützung des Buchhandels beigetragen hat. Mein Dank gilt auch den unzähligen Buchhändlerinnen und Buchhändlern, die uns Leserinnen und Leser trotz Lockdown gedanklich "verreisen" lassen.

Fiebern Sie Ihrer nächsten Lesetour entgegen?
Ja, darauf freue ich mich schon besonders. Reisen fehlt mir sehr, wie vielen anderen auch, und vor allem die persönlichen Begegnungen mit den Leserinnen und Lesern.

Zur Charity-Aktion

Die Krimi-Anthologie "Identität 1142" ist am 30. September 2020 bei Droemer erschienen. Sebastian Fitzek hatte sie gemeinsam mit 13 GewinnerInnen aus dem interaktiven Schreibwettbewerb #wirschreibenzuhause, sowie den Bestsellerautor*innen Wulf Dorn, Andreas Gruber, Romy Hausmann, Daniel Holbe, Vincent Kliesch, Charlotte Link, Ursula Poznanski, Frank Schätzing und Michael Tsokos herausgebracht. Alle beteiligten Autor*nnen, Verlage und weitere Partner hatten zugunsten des durch die Corona-Krise unter Druck geratenen Buchhandels für dieses Projekt auf Honorare bzw. Einnahmen verzichtet.

Siehe dazu auch die Meldung auf Börsenblatt online: