New Books from Poland | ANZEIGE

Etablierte Große und junge Wilde

5. November 2020
TONI HECHT

Die polnische Literatur im Höhenflug: 2019 erhielt Olga Tokarczuk den Literaturnobelpreis, dann erreichten Sapkowskis Hexer-Romane die Spitze  der Welt-Bestsellerliste. Der Katalog »New Books from Poland 2020«  macht auf die Vielfalt der polnischen Gegenwartsliteratur aufmerksam –  und auf erfolgreiche Neuerscheinungen, die noch nicht auf Deutsch  erschienen sind. 

Ihr Katalog »New Books from Poland 2020« stellt mehr als 30 Neuerscheinungen vor. Worauf können wir uns freuen? 
Eine Jury aus Literaturexperten unseres Landes hat eine spannende Auswahl getroffen – mit Autoren, die schon international etabliert sind, und mit neuen, jungen Stimmen, einer Generation, die gerade erst aufbricht und entdeckt  sein will. Uns war es wichtig, dass jedes Genre von einem Spezialisten betreut wird – für Belletristik, für das Crime- Segment und für Science-Fiction. Es ist ja so gut wie unmöglich, alle Neuerscheinungen unseres Landes auf einmal im Blick zu haben.
 
Was zeichnet die polnische Gegenwartsliteratur derzeit  im Besonderen aus? 
Auf jeden Fall ist die polnische Literatur zurzeit unglaublich lebendig. Wenn Sie mich nach wesentlichen Charakteristika fragen, dann sage ich: Geschichte spielt eine große Rolle, und zwar eine Art von Geschichtsrevisionismus. Viele Autoren nehmen Momente oder Ereignisse unserer Geschichte und fragen sich und uns: War das wirklich so? Sind wir sicher, dass wir das, was geschehen ist, richtig erfasst haben? 

Gibt es Titel, die noch nicht ins Deutsche übersetzt  wurden und die Sie deutschen Verlagen besonders ans  Herz legen möchten? 
Unbedingt. Da wäre zum Beispiel »How to Feed a Dictator« von Witold Szabłowski. Szabłowski ist über vier Kontinente gereist, von den Ruinen des Iraks bis in die Savannen Kenias, und hat die persönlichen Köche von fünf Diktatoren ausfindig gemacht, die für Unterdrückung und Massaker an ihren eigenen Bürgern bekannt sind. Ein spannendes, sehr erfolgreiches Buch, das schon in viele Sprachen, aber eben nicht ins Deutsche übersetzt wurde. Mir fällt auch der Titel »Jan Sehn. The Nazi Tracker « von Filip Gańczak ein, der für deutsche Leser interessant sein müsste. Gańczak hat ein faszinierendes Porträt des polnischen Anwalts Sehn gezeichnet, der deutsche Wurzeln hatte und als Mitglied der Kommission zur Untersuchung von NS-Kriegsverbrechen die Ermittlungen auf  dem Gelände des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau leitete. 

Andrzej Sapkowski feierte mit seinen Hexer-Romanen große Erfolge. Haben Sie eine Empfehlung für einen neuen polischen Fantasyroman? 
Auf jeden Fall! Ein ziemlich faszinierender Fantasyroman ist »The Tale of the Serpent’s Heart« von Radek Rak. Rak greift historische Ereignisse auf und spinnt die Geschichte mit Magie und Volksglauben weiter. Das Buch entfaltet beim Lesen einen derartigen Sog, dass es kaum aus der Hand zu legen ist. Als Krimifan will ich auch noch meinen Favoriten empfehlen: Jakub Szamałek ist einer der vielversprechendsten Schriftsteller der jungen Generation. Sein Buch »Watever You Choose« ist der erste Teil der Trilogie »The Hidden Web«: Es passiert ein Unfall auf einer Straße in Warschau, alles scheint darauf hinzudeuten, dass der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hat. Doch Julita Wójcicka, Journalistin bei einem Klatschportal, hat Grund zu der Annahme, dass es sich hierbei um einen Mord handelt. Es beginnt eine rasante Geschichte, die alles zu bieten hat: fantastisches Tempo, spannende Geheimnisse, eindringlich gezeichnete Charaktere – und das alles vor einem dichten Hintergrund aus aktuellen sozialen Problemen.

Mit dem »© Poland Translation Programme« unterstützt Ihr Institut Verlage, die polnische Literatur im Ausland verlegen. Wie sieht diese Unterstützung aus? 
Mit dem Programm übernehmen wir bis zu 100 Prozent der Kosten für Lizenzerwerb, Übersetzung und Druck eines Buchs. Mehr Informationen zu unserem aktuellen Katalog und zum Programm finden sich auf unserer Website www.bookinstitute.pl. Wir freuen uns über Interesse aus Deutschland.